Selbstorganisationstheorie
Das Phänomen der Selbstorganisation lässt sich nicht nur in der Natur beobachten. Auch soziale Systeme entwickeln sich nicht vornehmlich durch Planung, Beschlüsse und Zielvorgaben, sondern durch den Evolutionsmechanismus der Selbstorganisation. Adäquat können auch Unternehmen nach dem Prinzip der Selbstorganisation funktionieren. Der Vorteil liegt auf der Hand: Selbstorganisation zeichnet sich dadurch aus, sensibel auf Störungen zu reagieren, Anpassungsstrategien zu entwerfen und umzusetzen. Selbstorganisierende Prozesse entwickeln sich ohne Bürokratie und Hierarchie allein aufgrund ihrer inneren Ordnung.
Für das Management in Unternehmen ergeben sich mit dem Zulassen und Fördern von Selbstorganisation jedoch neue Anforderungen an die Qualität der Führungs- und Organisationsstruktur. Autoritäre Führung verbietet sich, weil sie die Selbstregulationsfähigkeiten und damit wichtige Entwicklungsmöglichkeiten des Systems unterbindet. Flache Hierarchien sind eine Bedingung dafür, dass Mitarbeiter zu Mitdenkern werden. Denn Selbstorganisation wird getragen von Freiheit und Selbstmotivation. Kleine, temporäre Strukturen stellen eine neuen Aufgaben angepasste, ständige Reorganisation von Teams sicher. Führungskräfte sind nicht mehr Verkünder von Aufgaben und Anordnungen, sondern werden vielmehr zu Moderatoren und Coachs von fließenden, innovativen Prozessen.
Ein Beispiel für Selbstorganisation – die Amöbe „Chaos Chaos“ – faszinierte den Geschäftsführer der Gore GmbH Heinrich Flick so sehr, dass er auf die Idee kam, sie zum Symbol der Gore-Unternehmenskultur zu erklären. Bei Nahrungsknappheit scheidet diese Amöbe chemische Stoffe in Form eines Plasmas aus. Dieser Vorgang funktioniert als Signal, lockt andere Amöben an und animiert sie, der „signalgebenden“ Amöbe beizustehen. Ein zusammenhängendes Wesen mit den gebündelten Fähigkeiten aller beteiligten Amöben wird „geboren“. Einzelne Amöben verwandeln sich später in Sporen, die sich wieder aus dem Zusammenschluss entfernen, sobald die Umweltbedingungen es zulassen und fortan ein Einzeldasein führen.