Warum Wechselkursschwankungen ein Risiko für international agierende Unternehmen sind, hat das Management-Journal kürzlich dargestellt (Vgl. Hubert 2020). Den Entscheidungsträgern innerhalb der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, der Vorläuferin der heutigen Europäischen Union, war das, lange vor der Einführung des Euro, schon in den 1950er und 1960er Jahren bewusst. Sie befürchteten, starke Wechselkursbewegungen könnten das angestrebte wirtschaftliche Zusammenrücken der (west-)europäischen Länder erschweren.
Bis weit in die 1960er Jahre hinein hatte das sog. „Bretton-Woods-System“ für stabile Wechselkurse gesorgt. Dabei handelte es sich um ein 1944 ins Leben gerufenes System fixer Wechselkurse mit dem US-Dollar als Ankerwährung. Dieses System geriet unter Druck, als sich die ökonomischen Gegebenheiten in den Mitgliedsländern ständig unterschiedlicher entwickelten. Die fixen Wechselkurse spiegelten die wahren Wertunterschiede zwischen den Währungen immer weniger wieder. Die Planungssicherheit für grenzüberschreitend tätige Unternehmen sank, weil jederzeit mit einer Anpassung der Wechselkurse zu rechnen war (Vgl. Krugman/Obstfeld/Melitz 2019).
Die damals sechs Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft (EG) reagierten darauf mit dem „Werner-Plan“ (benannt nach dem damaligen luxemburgischen Premierminister), demzufolge sie bis 1980 eine gemeinsame Währung einführen wollten. Daraus wurde bekanntlich nichts. Stattdessen versuchte man sich mit europäischen Fixkurssystemen zu behelfen: zunächst ab 1972 mit der sog. „Währungsschlange“, dann ab 1979 mit dem recht erfolgreichen „Europäischen Währungssystem“ (Vgl. Schäfer 2019).
Gleichzeitig war die EG immer weiter angewachsen und die Integration der Märkte deutlich vorangeschritten. Der für Anfang der 1990er Jahre geplante Binnenmarkt mit freiem Personen-, Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr brachte das Thema „Währungsunion“ wieder auf die Tagesordnung. Man wollte den auf diesem Binnenmarkt tätigen Unternehmen währungspolitische Sicherheit bieten. 1989 legte EG-Kommissionspräsident Jacques Delors seinen „Delors-Plan“ vor: Bis spätestens 1999 sollte demnach eine gemeinsame Währung entstehen. Der Maastrichter Vertrag von 1991 legte dann die völkerrechtlichen Grundlagen für die Einführung des Euro am 1.1.1999 (Vgl. Ohr 2007). Seitdem sind Wechselkursschwankungen für europaweit tätige Unternehmen nur noch dann ein Problem, wenn sie außerhalb der Eurozone mit ihren mittlerweile 19 Ländern aktiv sind.
Prof. Dr. Stefan Schäfer
Quellen:
Hubert, F. (2020): „Wechselkurse – ein Risiko für Unternehmen“, in: Management-Journal, 7.4.2020, online abrufbar: https://www.akademie-management.de/web/management-journal/home/-/blogs/wechselkurse-ein-risiko-fur-unternehmen
Krugman, P./Obstfeld, M. /Melitz, M. (2019): „Internationale Wirtschaft“, 11. Auflage, Kapitel 19.5
Ohr, R. (2007): „Monetäre Integration in der Europäischen Gemeinschaft: Vom Werner-Plan zum Euro“, in: Wirtschaftsdienst, Heft 2/2007, S. 106–113
Schäfer, S. (2019): „40 Jahre Europäisches Währungssystem“, in: WiSt – Wirtschaftswissenschaftliches Studium, Heft 5/2019, S. 54-56