Plötzlich Führungskraft – und nun? Eine Bemerkung vorab: „Die Führungsforschung ist ein sehr unübersichtliches Gelände mit Prachtstraßen, von denen manche leider ins Nichts führen.“ (Neuberger 2002, Vorwort). Doch was heißt das genau? Um dieser Frage auf den Grund zu gehen, fragen Sie sich zunächst: „Was verbinde ich selbst mit dem Begriff ‚Führung‘“? Praxis und Fachliteratur liefern hierzu zahlreiche Definitionen: „Führung ist richtungweisendes und steuerndes Eingreifen auf das Verhalten anderer Menschen, um eine Zielvorstellung zu verwirklichen […].“ (Heeres-Dienst-Vorschrift 100/200, Nr. 101). Baumgarten beschreibt Führung hingegen als „jede zielbezogene, interpersonelle Verhaltensbeeinflussung mit Hilfe von Kommunikationsprozessen.“ (Baumgarten 1977: 9.). Staehle und Steinle definieren Führung hingegen als „eine Rolle, die von den Organisationsmitgliedern in unterschiedlichem Umfang und Ausmaß wahrgenommen wird“ (Staehle 1980: 338.) und „damit im Kern zielorientierte und zukunftsbezogene Handlungslenkung, wobei diese Einwirkung sich auf Leistung und Zufriedenheit richtet“ (Steinle 1987: 27.). Hierdurch wird deutlich, dass Führung nicht pauschal ausgemacht werden kann. Selbstführung ist deshalb eine unverzichtbare Führungsaufgabe, weil Sie als Führungskraft wesentlicher Bestandteil des Führungsgeschehens sind und darauf ein Auge haben sollten. Der Prozess der Selbstführung bedeutet vor allem Selbstreflexion der eigenen Person und der vielfältigen Rollen; Führung bedeutet aber auch Wertschätzung von sich selbst und der eigenen Potenziale als Führungskraft (Vgl. Seliger 2012). Mit Wertschätzung Ihrer Mitarbeiter*innen motivieren Sie diese nicht nur, Sie sorgen auch für deren Zufriedenheit: Junge Mitarbeiter*innen sind oft kreativ und treiben Innovationen voran, ältere Mitarbeiter*innen besitzen hingegen wertvolle Erfahrung. Würdigen Sie die Leistung jeder*jedes einzelnen Kolleg*in. Definieren Sie zum Beispiel aber auch gemeinsame Teamwerte, schaffen Sie Transparenz und sorgen Sie für ein gutes Arbeitsklima. Beziehen Sie Ihre Mitarbeiter*innen in Ihre Entscheidungen mit ein und schenken jeder*jedem Einzelnen einen Vertrauensvorschuss. Feiern Sie Erfolge – gemeinsam und als Team. Autonomie, Kompetenz und Beziehung sind die menschlichen Wachstumsbedürfnisse und damit die Schlüsselbegriffe guter Führung. Zuletzt sollte mit guter Führung unbedingt auch die Beobachtung der eigenen Wirksamkeit im Führungsprozess einhergehen (Vgl. Seliger 2012). Genauso wie der Begriff „Führung“ an sich sind auch gute Führungsstile nicht eindeutig definierbar, sondern immer kontextabhängig und situationsbedingt durch die Unternehmens- sowie Mitarbeiter*innenstruktur. Wie dieser kurze Artikel verdeutlicht, gibt es keine Pauschallösung für gutes Management. Gute Führungskräfte nutzen möglichst viele verschiedene Führungsstile, um ihr Unternehmen zu leiten. Ein erfolgreicher Führungsstil ist damit letztlich immer auch die Reaktion auf interne und externe Beeinflussungsfaktoren, denen Sie sich als zukünftige Führungskraft konfrontiert sehen.
Dr. Marvin Hecht
Baumgarten, R. (1977): Führungsstile und Führungstechniken, Berlin.
Neuberger, O. (2002): Führen und führen lassen, 6. Auflage, Stuttgart.
Seliger, R. (2012): Das Dschungelbuch der Führung – Ein Navigationssystem für Führungskräfte, 3. Auflage, Heidelberg.
Staehle, W. H. (1980): Management: Eine verhaltenswissenschaftliche Einführung, München.
Steinle, C. (1987): Führung, Stuttgart.