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25. Mai 2023 | von Elmar Stein

Das Comeback des Gehalts als zentraler Faktor?!

In den letzten Jahren haben viele wissenschaftliche Studien belegt, die sich vermutlich auch mit Ihrer Meinung decken, dass Bewerberinnen und Bewerbern vor allem auch Aspekte aus dem Bereich work-life balance sehr wichtig waren. In vielen Fällen rückte das Gehalt gegenüber anderen Faktoren mehr oder weniger deutlich in den Hintergrund. Vor allem flexible Arbeitszeiten und mobiles Arbeiten war Mitarbeitenden und Bewerberinnen und Bewerbern sehr wichtig; aus nachvollziehbaren Gründen. Besonders die Kombination aus flexiblen Arbeitszeiten und mobilem Arbeiten ermöglicht es Angestellten den Beruf nach besten Möglichkeiten mit dem Privatleben zu vereinen. Besonders wichtig ist dies für junge Familien mit Kindern oder aber wenn Angehörige zu betreuen oder zu pflegen sind. Nicht selten kam es vor, dass finanziell bessere Angebote zu Gunsten von Positionen mit einem besseren work-life balance Versprechen aus nachvollziehbaren Gründen ausgeschlagen wurden.

Mit der Rückkehr und vor allem durch den schnellen und starken Anstieg der Inflation in Deutschland hat sich die Situation allerdings verändert. Die stark gestiegenen Benzinpreise haben negative Auswirkungen auf Pendler, weniger jedoch auf Mitarbeitende, die hauptsächlich im Home Office arbeiten. Eine Möglichkeit die höheren Kosten mit vergleichsweise geringem Aufwand abzumildern ist eine Ausweitung mobilen Arbeitens auf einen größeren Kreis und (gegebenenfalls zusätzlich) die Einführung eines Job Tickets – sofern akzeptable Anschlussmöglichkeiten vorhanden sind. Eine andere Möglichkeit besteht darin, den Mitarbeitenden bezahlte Überstunden anzubieten um sich damit das Gehalt aufzubessern. Dies ist aber nur in einem bestimmten Rahmen und auch nur dann möglich, wenn mehr Arbeit zu erledigen ist. Beispielsweise würde sich dieser Ansatz bei bestehendem Fachkräftemangel anbieten. Ebenfalls möglich ist es für Mitarbeitende die Arbeitszeit von Teilzeit Richtung Vollzeit aufzustocken.

Nicht nur die gestiegenen Benzinpreise, sondern vor allem die deutlich gestiegenen Lebensmittelpreise und die Lebenshaltungskosten, die Preise für Strom und Gas sowie seit Jahren steigende Mieten und Immobilienkosten bringen eine deutlich größere Personenanzahl dazu, an einigen Stellen sparen zu müssen. Der gewohnte Lebensstandard kann nicht mehr aufrechterhalten werden. Viele möchten auf diesen aber nicht verzichten beziehungsweise sich anpassen. Der erreichte Lebensstandard ist zur Gewohnheit geworden und das Streben diesen beizubehalten ist hoch. Problematischer ist es allerdings für den Personenkreis, der durch die Inflation in eine finanzielle Schieflage rutscht beziehungsweise in finanzielle Nöte gerät, weil es vor dem Inflationsanstieg am Monatsende auch schon regelmäßig eng geworden ist. Für diese Gruppen an Personen steht noch mehr auf dem Spiel als für die vorherige. Ein Teil dieser Gruppe kann vielleicht die jahrelang bezogene Wohnung oder das (kleine) Eigenheim nicht mehr finanzieren und ist von einem notwendig werdenden Umzug bedroht. Für einige dieser Gruppe kommt auch die finanziell existenzielle Bedrohung näher, wodurch der Druck ein höheres Gehalt zu erhalten steigt und die Bereitschaft bestimmte positive Aspekte gegen einen höheren Lohn zu tauschen deutlich steigt.

Folge: bei beiden Gruppen spielt ein höheres Gehalt eine wichtigere Komponente als zuvor. Mehr Menschen sind bereit, ein höheres Gehalt gegen schlechtere Arbeitsbedingungen in gewissem Maße zu tauschen. Die Inflation steigert also den Wechselwunsch und kurbelt die Verfügbarkeit von Fachkräften an. Für Unternehmen ist dies Chance und Risiko zugleich, besonders bei den unteren Einkommen, weil hier der Druck größer ist. Vor allem angesichts der weiterhin anzunehmenden hohen Inflation wächst der Druck auf Unternehmen sich vorzubereiten. Hat Ihr Unternehmen bereits mit der Vorbereitung begonnen? Welche Chancen und Risiken sehen Sie? Wie können Sie sich verbessern? Welche Möglichkeiten können Sie Ihren Mitarbeitenden anbieten und diese damit zum Verbleib im Unternehmen ermutigen?

Elmar Stein
Elmar Stein promoviert derzeit im Bereich systemisch-strategisches Personalmanagement. Er hat einen amerikanischen Master in Human Resource Management (mit Schwerpunkt Organisationsstrategie) und ist Gymnasiallehrer (für Englisch und Politikwissenschaften). Er ist Absolvent der DAM im Lehrgang Geprüfte/r Personalmanager/in.
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