Durch den Wandel von der Industrie- zur Wissensgesellschaft ist ein neuer Mitarbeiter-typus entstanden: der selbstbewusste Arbeitnehmer als “Arbeitskraftunternehmer” in eigener Sache. Was kennzeichnet diesen Typus, der heute oft mit der sog. Generation Y gleichgesetzt wird, hinsichtlich seiner Erwartungen an Jobinhalte und Vorgesetzten-verhalten?
Der Erfolg von Unternehmen hängt im 21. Jahrhundert vor allem davon ab, wie sie mit ihrem Know-how umgehen. Leitungskräfte müssen folglich vor allem soziale Funktio-nen beherrschen – Spezialisten miteinander vernetzen, unterschiedliche Problemper-spektiven moderieren und Konflikte ausgleichen; kurz: Kooperation sicherstellen. Da-mit wird die Persönlichkeit eines Managers zu einem entscheidenden Parameter.
Die klassische Führung „von oben“ ist bei Spitzenleistern unbeliebt – genauso wie Kompetenzgerangel, formale Posten und interne Statuskämpfe. „Bürokratische Hierar-chien, die auf Angst und Einschüchterung basieren und in denen sich formale Autorität vor allem in Statussymbolen und Titeln manifestiert, rufen heute bei den ‚Net-Kids’ nur noch Kopfschütteln hervor. Ob sich jemand ‚XY-Leiter’ nennt oder ein größeres Büro hat, interessiert im Internet niemanden. Dort zählt nur die Brillanz von Ideen und die tatsächliche Leistung“ (Ulrich Klotz 2009, S. 146).
Nicht nur die Spitzenleute, alle Leistungserbringer wollen heute zuvorderst über Jobin-halte reden. Und bezüglich ihres beruflichen Tuns Sinn empfinden – mehr Gehalt zu bekommen ist schön, aber kein intrinsischer Motor. Im traditionellen Industriebetrieb – eine bürokratische Pyramide – war das für den Geschäftsbetrieb wesentliche Wissen in einigen wenigen Köpfen an der Unternehmensspitze konzentriert. Entsprechend uninformiert waren die Mitarbeiter. Kreativität entstand dadurch, dass man Ausnah-men von der Regel zuließ. Heute sitzt die eigentliche Expertise bei den Personen in der sogenannten operativen Basis; sie können und wollen sich selber führen. „Leadership“ heißt daher heute: Selbst-Ertüchtigung der Geführten.
Situativ indifferente Über- und Unterordnungsbeziehungen kann es in modernen Un-ternehmen kaum mehr geben. Die bisherige Statushierarchie wird von der funktiona-len Wissenshierarchie abgelöst (vgl. von der Oelsnitz 2011, S. 256 f.). Die modernen Wissensarbeiter sehen sich letztlich als Gleichberechtigte gegenüber ihren Auftrag- oder Arbeitgebern. Sie fühlen sich nicht als Angestellte, sondern als „Professionals“ (vgl. Drucker 1982). Die klare Rollenverteilung zwischen allwissenden Bossen und pas-siven Befehlsempfängern ist Geschichte.
Prof. Dr. Dietrich von der Oelsnitz ist Autor des Studienbriefs 1340 Personalführung .
Drucker, P. (1982): The Changing World of the Executive, New York (Time Books)
Klotz, U. (2009): Soziale Netzwerker – die Zukunft der Arbeit, in: Caspary, R. (Hrsg.): Zukunft jetzt!, Stuttgart (Herder), S. 137-156
Oelsnitz, D. von der (2011): Organisation der Zukunft – Legitimität und Unsicherheit, in: Tiberius, V. (Hrsg.): Zukunftsorientierung in der Betriebswirtschaftslehre, Wiesbaden (Gabler), S. 249-261