Wer ist bei Ihnen in der Organisation für den digitalen Wandel verantwortlich? Vielleicht gibt es eine Digitalreferentin oder eine eigene Abteilung für die Entwicklung von digitalen Produkten. Vielleicht ist das Thema auch in der Kommunikations- oder IT-Abteilung verankert. Während sich klassischere Aufgaben wie Marketing oder Buchhaltung klarer verorten lassen, wird es bei digitalen Themen schwierig.
Auch inhaltlich kreisen die Diskussionen oft nur um einzelne Themen. Sollen wir neben Instagram auch noch TikTok nutzen? Wie ist das eigentlich mit unserem Projektmanagement: Teams oder Asana? Und für virtuelle Konferenzen, lieber Zoom oder doch einfach Skype? Es geht dann vor allem darum, zu überlegen, wie bisherige Abläufe unserer Arbeit mit digitalen Werkzeugen besser gelöst werden können. Und schon damit tun sich viele Organisationen schwer. Keine Frage, all diese Themen sind wichtig, aber die Veränderungen sind viel weitreichender.
Der digitale Wandel berührt nahezu alle Bereiche unseres Lebens und unserer Arbeit. Die technologischen Entwicklungen verändern rasant unser gesellschaftliches Leben. Da scheint es nicht weit hergeholt, dass der Soziologe Dirk Baecker den digitalen Wandel auf eine Stufe mit der Erfindung des Buchdrucks stellt.
Und damit wird der digitale Wandel zur strategischen Aufgabe für Organisationen und ihr Management. Also nicht nur für einzelne Abteilungen oder spezifische inhaltliche Themen. Der digitale Wandel betrifft die Organisation im Kern. Loic Tallon – ehemals Chief Digital Officer des Metropolitan Museum in New York – hat es in einem bemerkenswerten Blogartikel auf den Punkt gebracht: „Digital Is More Than a Department. It Is a Collective Responsibility.“
Er betont darin, wie entscheidend es ist, Digitalisierung nicht nur als Aufgabe einer einzelnen Abteilung, oder gar einzelner Personen zu sehen, sondern als Mammutaufgabe für die ganze Organisation. Er formuliert dazu fünf Fragen, in denen deutlich wird, was er damit meint. Sich diese Fragen zu stellen, scheint mir für jeden und jede relevant, die sich aus Managementperspektive mit digitalem Wandel beschäftigen.
Erstens: Wie können digitale Technologien dazu beitragen die Vision der Organisation zu erreichen? In der Auseinandersetzung mit dieser Frage, werden sich ganz unterschiedliche, individuelle Strategien ergeben, die auch verdeutlichen, dass es die eine richtige Antwort auf diese Frage nicht gibt.
Zweitens: Wie verändern sich Aufgaben und Funktionen der einzelnen Bereiche der Organisation? Und entscheidend, damit die Ideen nicht in der Schublade landen: In wessen Verantwortung liegt die Umsetzung?
Drittens: Welches Verständnis von Leadership haben Führungskräfte, um die digitale Transformation der Organisation bestmöglich zu unterstützen? Welche neuen Prozesse braucht es? Welche Tools können dabei helfen?
Viertens: Wie sieht die Arbeitsatmosphäre aus? Wann braucht es Raum und Sicherheit für Experimente und neue Kooperationen? Wann braucht es klare Strukturen und freigegebene Ressourcen für die Umsetzung neuer Ideen?
Und fünftens: Wie kann die Digitalkompetenz aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf allen Hierarchieebenen gestärkt werden? Wo braucht es Weiterbildung und wo ganz neue Stellen, um Expert*innen-Wissen für die Organisation zu gewinnen?
Nächste Woche geht es hier um die Frage wie eine Arbeitsatmosphäre aussehen kann, die Experimente zulässt und was sich dabei von Google lernen lässt.
Link zum Blogartikel:
Loic Tallon (2017): Digital Is More Than a Department, It Is a Collective Responsibility, www.metmuseum.org/blogs/now-at-the-met/2017/digital-future-at-the-met , letzter Zugriff am 16.06.2020.
Julian Stahl, Doktorand am WÜRTH Chair of Cultural Production an der Zeppelin Universität in Friedrichshafen und Leiter der Digitalsparte von PODIUM Esslingen
Hier finden Sie alle Podcasts der Reihe Management im digitalen Zeitalter.