Die Frage, ob die Funktion der Gleichstellungsbeauftragten ausschließlich Frauen vorbehalten sein sollte, wird nicht nur gesellschaftlich, sondern auch rechtlich intensiv diskutiert. Die Thematik betrifft vor allem den öffentlichen Dienst, da das Bundesgleichstellungsgesetz (BGleiG) für Bundesbehörden die gesetzliche Grundlage bildet. Dieses schreibt explizit vor, dass nur Frauen zu Gleichstellungsbeauftragten gewählt werden können. Doch wie ist diese Regelung rechtlich und gesellschaftlich zu bewerten?
Das Bundesgleichstellungsgesetz verfolgt das Ziel, die Gleichstellung von Frauen und Männern in der Bundesverwaltung zu fördern und bestehende Benachteiligungen zu beseitigen. Historisch gesehen wurden Gleichstellungsbeauftragte als Instrument etabliert, um gezielt Frauen in männerdominierten Arbeitsumfeldern zu unterstützen. Dieses Ziel ist nach wie vor relevant, da Frauen auch heute noch strukturellen Benachteiligungen ausgesetzt sind – beispielsweise in Hinblick auf Gehalt, Karrierechancen und Führungspositionen.
Die gesetzliche Festlegung, dass nur Frauen Gleichstellungsbeauftragte sein dürfen, basiert auf der Überlegung, dass diese aufgrund ihrer eigenen Erfahrungen in patriarchalen Strukturen sensibler auf die spezifischen Probleme anderer Frauen reagieren können. Kritiker dieser Regelung argumentieren jedoch, dass sie eine geschlechtsneutrale Besetzung der Position ausschließe und damit selbst diskriminierend sei.
Die Diskussion hat auch die Gerichte erreicht. Beispielsweise hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) festgestellt, dass die Regelung, nach der nur Frauen als Gleichstellungsbeauftragte infrage kommen, mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vereinbar ist. Das AGG erlaubt positive Maßnahmen, wenn diese dazu dienen, bestehende Ungleichheiten zu beseitigen oder zu verringern. In diesem Zusammenhang wird die ausschließliche Besetzung der Position mit Frauen als gerechtfertigte Maßnahme bewertet.
Allerdings gibt es auch Stimmen, die fordern, dass Männer in die Gleichstellungsarbeit einbezogen werden sollten, um einen breiteren gesellschaftlichen Konsens zu fördern. Insbesondere in Organisationen, in denen Männer in Führungspositionen dominieren, könnte ein männlicher Gleichstellungsbeauftragter dazu beitragen, Barrieren abzubauen und das Thema Gleichstellung zu entstigmatisieren.
Neben der rechtlichen Diskussion stellen sich auch praktische Fragen: Wie können Gleichstellungsbeauftragte effektiv arbeiten, wenn sie von vornherein eine bestimmte Perspektive einnehmen müssen? Inwieweit trägt eine geschlechtsspezifische Besetzung der Position tatsächlich zur Förderung der Gleichstellung bei? Diese Fragen verdeutlichen, dass die Umsetzung der gesetzlichen Vorgaben in der Praxis oft mit Herausforderungen verbunden ist.
Die derzeitige Regelung, die Frauen für das Amt der Gleichstellungsbeauftragten bevorzugt, ist rechtlich abgesichert und historisch begründet. Dennoch wirft sie gesellschaftliche und praktische Fragen auf, die eine offene Diskussion erfordern. Es bleibt abzuwarten, wie sich das Verständnis von Gleichstellung weiterentwickelt und ob dies zu einer Veränderung der gesetzlichen Grundlagen führen wird.
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