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13. Juli 2017

Hybride Produkte – Neue Chancen für Dienstleistungen

Eine große und ständige Herausforderung im Marketing ist die zunehmende Individualisierung der Nachfrage. Damit ist gemeint, dass der Kunde eine Leistung wünscht, die so weit wie möglich auf seine persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten ist. Mit anderen Worten: Der Kunde möchte nicht nur ein Produkt kaufen, sondern gleich die Lösung dazu. Oder anders ausgedrückt: Der Kunde will eigentlich keine Bohrmaschine, sondern Löcher in der Wand.

Im Marketing gab und gibt es viele Produkte, die durch eine Dienstleistung (Service) ergänzt werden. Mit dem Begriff „hybrides Produkt“ soll zum Ausdruck kommen, dass das Produkt als Sachgut mit der Dienstleistung so verschmilzt und eine neue eigenständige Leistung für den Kunden entsteht. Das soll an einem Beispiel deutlich werden:

Es handelt sich um die Zusammenarbeit der bekannten Unternehmen Nike und Apple, die sich 2006 zu einem gemeinsamen Projekt Nike+ zusammengeschlossen haben. Das „Kernprodukt“ besteht aus einem Nikeplus Laufschuh, einem ipod nano und einem Nikeplus Sport Kit. In der Innensohle des Nike Laufschuhs ist Platz für einen Sender. Durch das Nikeplus Sport Kit erfolgt der Aufbau einer drahtlosen Verbindung zum iPod nano. Welcher Nutzen entsteht nun für den Kunden? Der Läufer erhält vom Sender an sein Display übermittelte Informationen zur Laufzeit, zur absolvierten Strecke, zum Kalorienverbrauch und zur Geschwindigkeit. Über Kopfhörer erhält der Läufer in Echtzeit eine Rückkoppelung zu seinem Training. Nach dem Training kann der Nutzer seinen iPod an seinen Computer anschließen und die Laufdaten überspielen. Hier gibt es die unterschiedlichsten Möglichkeiten der Analyse. Er kann sich auch mit anderen Läufern austauschen oder Trainingspläne für gezielte Wettkampfvorbereitungen entwerfen. Durch das Zusammenspiel oder besser die Bündelung von Produkt, Software und Dienstleistung ist für den Nutzer ein innovatives (neues!) Angebot entstanden.
Das Beispiel ist aber auch aus Sicht der Innovationsforschung interessant, da es vielfältige Möglichkeiten für weitere Leistungen für den Kunden bietet. So kann man dem Kunden möglicherweise gezielte Programme anbieten für Vorbereitungen auf spezielle Wettkämpfe wie den Marathonlauf, Programme zur Gewichtsreduzierung oder zur Rehabilitation bei bestimmten Verletzungen. Diese kann man wiederum koppeln mit Produkten aus dem Ernährungsbereich (Sportlernahrung wie beispielsweise Isodrinks und Müsli-Variationen). Außerdem erhalten die Unternehmen Daten und Informationen vom Kunden, die es erlauben, den Kunden ganz individuell anzusprechen und dadurch an die Produkte zu binden. Durch die Nähe zum Kunden erhält man auch Informationen, die Hinweise auf mögliche neue Produkte bieten. Interessant ist auch, dass es beiden Unternehmen durch dieses Hybride Produkt gelungen ist, in (für das jeweilige Unternehmen) neue Märkte vorzustoßen. Apple ist damit in den Sportmarkt eingetreten und Nike mehr in das Unterhaltungssegment.
Was kann aus dem Beispiel gelernt werden: Der kurze Artikel macht auch deutlich, das gerade reine Produktunternehmen sich in Richtung Dienstleistungen öffnen müssen, um sich vom Wettbewerb zu differenzieren und möglicherweise in neue Märkte einzutreten.

Prof. Dr. Ulrich Wicher ist Autor des Studienbriefes 3265 Dienstleistungsmarketing

Literatur: Böhmann, T., Leimeister, J.T. (Hrsg.) Integration von Produkt und Dienstleistung – Hybride Wertschöpfung, Norderstedt 2010

 

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