Der Arbeitsmarkt der letzten Jahre ist geprägt durch den Fachkräftemangel. Den meisten Unternehmen geht es wirtschaftlich gut und es wurden gute Geschäfte gemacht, die Gewinne stiegen. Der Krieg in der Ukraine, die hohe Inflation, eine sinkende Nachfrage nach vielen Produkten, die steigenden Energiepreise und die auftretenden Probleme der Verfügbarkeit von Rohstoffen und Vorprodukten sowie die aufgetretenen logistischen Probleme haben für viele Unternehmen wirtschaftlich stürmische(rere) Zeiten eingeläutet. Mangelnde Absatzmöglichkeiten und schrumpfende Umsätze haben nicht nur einen Einfluss auf die Unternehmensgewinne, sondern auch auf die Angestellten. In Krisenzeiten benötigt ein Unternehmen (deutlich) weniger Angestellte. Da dies elementare wirtschaftliche Grundkenntnisse sind und Angestellte den Nachfrage- und damit den Umsatzrückgang im Alltag mitbekommen, können bei ihnen schnell der Gedanke kommen: Werde ich weiterhin im Unternehmen arbeiten können? Wie sicher ist mein Arbeitsplatz? Wenn jemand aus unserer Abteilung gehen muss oder wenn sogar mehrere das Unternehmen verlassen müssen, wer wird das dann sein? Gehöre ich zu dieser Gruppe?
Diese Gedanken sind natürlich nachvollziehbar und vermutlich haben sich schon die meisten von uns (zumindest kurz) diese Gedanken in wirtschaftlich schwierigen Zeiten gestellt.
Eine Reihe von negativen Folgen kann sich an solche Gedanken anschließen. Zunächst einmal schürt es den Konkurrenzkampf innerhalb von Teams, Abteilungen und ganzen Unternehmen. Wenn ich besser bin als meine Kollegin oder mein Kollege neben mir, dann geht er beziehungsweise sie vor mir. Sicherlich vermag es auch Fälle geben, in denen in einer solchen realen oder auch nur angenommenen Situation von allen Beteiligten mit nur fairen Mitteln „gekämpft“ wird. Hiervon aber wirklich auszugehen wäre doch mehr als naiv. Ein klassisches Einschleimen beim Vorgesetzten – mehr oder weniger subtil – wäre noch die harmloseste und am wenigsten schädliche Vorgehensweise. Anzunehmen und davon auszugehen ist eher, dass in die unteren Schubladen gegriffen wird – wenn einer gefühlt anfängt – und im schlimmsten Fall gezielt gegeneinander gearbeitet wird. Kolleginnen und Kollegen werden Informationen unterschlagen um diese bewusst schlecht dastehen zu lassen oder um damit Fehler zu provozieren, die dann andere zu verantworten haben, mit dem Ziel selbst besser dazustehen. Vor allem aufgrund von einer so empfundenen Situation, auch in dem Fall in dem dies nicht einmal beabsichtigt war, kann ganz schnell auch zu noch härteren Mitteln gegriffen werden. Angestellte können sich gezielt zusammenschließen und sich „revanchieren“. Dies kann sowohl durch eine Reaktion gemäß „Auge um Auge, Zahn um Zahn“ sein oder auch der Einstieg ins (Gruppen)Mobbing sein.
Bedenken müssen Unternehmen, das Management und besonders Führungskräfte, dass besonders gefragte Fachkräfte auch in Krisenzeiten gefragt sind. Für sie gibt es auch in solchen Zeiten eine Nachfrage und Alternativen.
Unternehmen und Führungskräfte müssen, in einer solchen Situation in beiden Fällen früh eingreifen um diese Entwicklung im Keim zu ersticken, wenn sich niemand – auch unter der Prämisse möglicher Kurzarbeit – um seinen Arbeitsplatz fürchten muss. In Zeiten des Fachkräftemangels sollten Unternehmen möglichst kein Personal entlassen, wenn dies nicht wirtschaftlich (absolut) erforderlich ist, denn wenn es wieder aufwärts geht, dann kann benötigtes Personal nicht in einer ausreichenden Anzahl, Geschwindigkeit und Qualität gefunden, eingestellt und eingearbeitet werden. Beispielsweise kann hierfür der Umgang mit Servicekräften im Bereich der Gastronomie und der Hotellerie als auch in der Luftfahrtbranche während der Corona Pandemie angeführt werden. Angestellte wurden reihenweise entlassen (auch und vor allem aus wirtschaftlicher Not). Die Rückkehr zum Normalbetrieb wurde massiv erschwert, weil Personal erst gefunden, neu eingestellt und eingearbeitet werden musste. Bis auf die Einarbeitung in der Luftfahrtbranche traf dies auf alle angeführten Bereiche zu. In der Gastronomie, der Hotellerie und für den Servicebereich der Luftfahrtbranche kam noch erschwerend hinzu, dass viele in eine andere Branche gewechselt sind und damit der spezifische Arbeitsmarkt für die drei genannten Branchen massiv ausgedünnt wurde. Eine (schnelle) Erholung war damit unmöglich. Gesehen hat man dies vor allem an den langen Schlangen an Flughäfen und an stornierten Flügen aufgrund von Personalmangel.
Wenn ein Unternehmen in Krisenzeiten zusagen kann, dass die Arbeitsplätze erhalten bleiben – wenn eventuell auch mit einer (kurzen) Phase der Kurzarbeit – dann teilen Sie dies Ihren Angestellten schnellstmöglich mit. Damit nehmen Sie die Ängste der Angestellten, vermeiden einen unnötigen internen Konkurrenzkampf mit negativen Auswirkungen auf die Stimmung in Teams, Abteilungen und dem Unternehmen ebenso, wie die negativen wirtschaftlichen, sozialen und emotionalen Folgen, die dies zusätzlich hat.