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10. September 2015 | von Rebecca Baasch

Kurzinterview: Kulturmanager/Innen über ihren Werdegang – Mechtild Tellmann

Was haben Sie studiert und wie haben Sie sich als Kulturmanagerin qualifiziert?
Ich habe Geographie und Geschichte studiert und über Nebenjobs einen Einblick in die Kleinkunst-, Film- und Fernsehbranche bekommen. Parallel zu einer Festanstellung bei einer frisch gegründeten Agentur habe ich dann ein Abendstudium Kulturmanagement begonnen. Die Agentur wuchs und die Kunst spielte nur noch eine untergeordnete Rolle – nach über zehn Jahren stieg ich aus. Seit acht Jahren bin ich selbstständige Kulturproduzentin.
Wie wichtig ist die Kunst und die Zusammenarbeit mit KünstlerInnen im Alltag?
Mal mehr, mal weniger wichtig: Ich nehme vermehrt Aufführungen wahr – auch ohne eine berufliche Verpflichtung. Andererseits versuche ich meine Freizeit von der Kunst und den KünstlerInnen zu trennen – was nicht immer  einfach ist, da ich mit vielen auch privat befreundet bin. Hier gilt aber die goldene Regel: Keine Gespräche über den Job! Das klappt natürlich nicht immer.
Was sind die größten Herausforderungen in Ihrem Arbeitsalltag?
Die prekäre finanzielle Lage in der freien Kunst, die sich in mangelnder Förderung und Unverständnis für professionelle Produktionsbedingungen ausdrückt. KünstlerIn ist ein Beruf und kein Hobby. Die größte Herausforderung besteht für mich darin, diese Situation für die KünstlerInnen zu verbessern und zudem auch selbst von meiner Arbeit leben zu können.
Welches Wissen aus dem Management ist für Sie unabdingbar?
Im Managementbereich gibt es kein Wissen, dass nur für eine Sparte relevant ist – Management-Tools lassen sich auf alle Bereiche übertragen. Ein wichtiger Schwerpunkt in meiner Arbeit ist die strategische Planung und Kommunikation.
Welche Fähigkeit zeichnet eine gute Kulturmanagerin aus?
Übersetzung der künstlerischen Bedürfnisse und Wünsche bei Kunst- und Kulturprojekten. Hier muss eine gute Kulturmanagerin die Schnittstelle sein, sie muss die Sprache der KünstlerInnen und die Antrags- und Verwaltungssprache sprechen und zwischen allen Beteiligten vermitteln und „übersetzen“.
Haben Sie einen guten Praxistipp?
Bei all der Arbeit und dem Termindrucksollte nie der Austausch mit Kollegen und der Blick über den Tellerrand vernachlässigt werden. Gerade die informellen „aktiven Pausen“ auf Messen, Konferenzen oder Symposien sind Gold wert, weil sie neue Sichtweisen eröffnen, Wissen transferieren, Netzwerke anstoßen und neue Ideen kreieren.
Was wissen Sie heute, was Sie gerne am Anfang Ihrer Arbeit gewusst hätten?
Aufgrund der Finanzkrise sind heute Punkte relevant, die es vorher nicht waren – der Abrechnungsmodus hat sich extrem verschärft. Das Expertenwissen über die Unterschiede bei privaten und öffentlichen Förderern und die jeweiligen Finanzierungsmöglichkeiten – was wird beim wem anerkannt, was ist erlaubt, wie muss und was darf etwas abgerechnet werden – musste ich mir „nebenbei“ verschaffen und wäre froh gewesen, es schon vorher gehabt zu haben.

Rebecca Baasch
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