In der Lehre vom Marketing erwerbs- wie sozialwirtschaftlicher Organisationen findet man häufig die Maßgabe vor, diese betriebswirtschaftliche Disziplin müsse alle Unternehmensbereiche als quasi „roter Faden“ des unternehmerischen Handelns durchziehen. Marketing wird demnach als marktorientiertes „Führungskonzept“ verstanden. Infolge dessen wird gefordert, das Marketing müsse eine erhebliche Rolle bei wichtigen unternehmerischen Entscheidungen einnehmen. Dem Marketing-Denken ebenso wie den für das Marketing Verantwortlichen wird also (zumindest in der Theorie) eine große Bedeutung im organisationalen Geschehen zugesprochen, gleichzeitig wird auf wichtige Schnittmengen zwischen den absatzwirtschaftlichen Aufgaben eines Unternehmens und weiteren Managementschwerpunkten verwiesen.
Eher selten wird in der Marketinglehre eine weitere wichtige Korrespondenz berücksichtigt, nämlich die von Marketing und Qualitätsmanagement als Bestreben des Managements, die Güte der Produkte und Dienstleistungen mit den Erwartungen der Kundschaft (Leistungsträger, AdressatInnen, Angehörige etc.) in Einklang zu bringen. Letztendlich gewährleistet erst die im Qualitätsmanagement angestrebte Erfüllung externer Erfordernisse die Grundlage von absatzwirtschaftlichem Erfolg.
Anhand von verschiedenen Indikatoren soll der Zusammenhang von Marketing und Qualitätsmanagement erläutert werden:
- Objektive Indikatoren, die sowohl das Qualitätsmanagement wie das Marketing sozialer Betriebe betreffen, können reine absolute Kennziffern sein. Beispiele sind die Anzahl der Inanspruchnahme einer Erziehungshilfeleistung durch den ASD, die Anzahl der Spendenden, die Anzahl der Inanspruchnahme von Beratungen, aber auch die Zahl der Abwanderungen von Kundschaft zu anderen Anbietern, die Zahl der Mitgliederaustritte, die Anzahl von Beschwerden oder die Drop-Out-Quote der im Verlauf eines Akquiseprozesses ausgeschiedenen Kunden und Kundinnen.
- Subjektive Indikatoren, die an der Schnittstelle von Qualitätsmanagement und Marketing wichtige Informationen liefern können, sind bspw. die Ergebnisse von Kundenbefragungen, herangezogen werden können zudem Beschwerden und Resultate von themenzentrierten Gesprächen mit Politikern, Politikerinnen, Vorsitzenden, Leitungskräften und Mitarbeitenden.
Marketinganalyse trifft hier thematisch die Evaluation der Qualität eines sozialen Betriebs. Dies gilt auch für die Wahrnehmung der Servicequalität durch die Kundschaft bzw. Stakeholder, wenn es um deren Einschätzung der Verlässlichkeit der Mitarbeitenden oder um deren Erreichbarkeit geht, oder um die Wahrnehmung von Außenstehenden in Bezug auf den Kommunikationsstil oder die Kompetenz der Mitarbeitenden. Letztendlich gehört hierzu übrigens auch die Einschätzung des Erscheinungsbildes und des materiellen Umfeldes einer Sozialorganisation durch die Kundschaft.
Es ist noch darauf hinzuweisen, dass neben der Frage, wie Kundschaft bzw. Stakeholder einen sozialen Betrieb einschätzen, von hoher Relevanz auch die Frage nach den spezifischen Momenten ist, an welchen ein entsprechender (guter oder schlechter) Eindruck entsteht bzw. entstanden ist. Das beste Qualitätsmanagement kann nicht zielführend sein, wenn an entscheidenden Punkten des Kontakts zur Kundschaft bzw. zu Stakeholdern gravierende Fehler gemacht werden.
Prof. Dr. Harald Christa – Autor des Studienbriefs 8280 Marketing für soziale Betriebe und 8330 Finanzierung und Kostenmanagement sozialer Betrieb