In den vergangenen Podcasts haben wir uns mit Kulturformen und deren Wirkungsstätten befasst, mit Theatern, Ausstellungen und mit dem Arbeitsfeld Musik. Heute schaue ich auf einen Anwendungs- und Tätigkeitsbereich, der in all diesen Bereichen vorkommt: das Marketing.
Traditionell hat Marketing in der Kulturszene einen zwiespältigen Ruf. Dies liegt an der Grundannahme, dass Kunst und Kultur mit ihren Werken jeweils für sich selbst stehen. Ein von künstlerischem Genie erschaffenes Werk braucht keine Vermarktung. Es bleibt jedoch die Frage bestehen: Wie mache ich auf das Kunstwerk aufmerksam, wie bekomme ich Besucherinnen und Besucher?
Im Gegensatz zur Kunst hat der Marketingbereich eher einen sportlichen Ansatz. Gutes Marketing kann auch mittelmäßige Produkte verkaufen – und hier setzt die Anrüchigkeit an, mit der Marketing im Kulturbereich auch oft betrachtet wird.
Von besonderer Wichtigkeit ist, dass in einer gelungenen Marketingkampagne Form und Inhalt zusammenpassen müssen. Dies ist im Kulturmanagement vielleicht eine der größten Herausforderungen. Wie wecke ich das Interesse für eine Ausstellung alter Meister bei einem jungen Publikum, ohne dabei die Inhalte der Ausstellung zu vergessen? Wo hole ich alte und neue Nutzende meines Angebotes ab, und vor allem welche Medien nutze ich dafür?
Das moderne Marketing bietet eine breite Palette aktueller Medien: Von Print über Radio bis hin zu Social Media und Werbung durch Influencer ist es zunehmend schwerer, einen Fokus zu setzen und nicht in mediale Vergessenheit zu geraten oder in ein unübersichtliches Chaos zu stürzen. Wer im Internet nicht existiert, ist für die meisten Zielgruppen nicht erreichbar – doch welche Form bleibt in bester Erinnerung? Wenn das eigene Marketing-Angebot zum Internet-Meme wird ist dies nicht nur ein Glücksfall, sondern das Ergebnis einer gezielten Beschäftigung des Marketings mit Inhalten und Zielgruppen.
Durch moderne Tools ist der Erfolg des Marketings einer der wenigen direkt messbaren Faktoren im Kulturbetrieb. Der Erfolg einer Theaterinszenierung oder eines Konzertes lässt sich indirekt an Kritiken oder an den Verkaufszahlen messen, im Marketing ist im Idealfall der genaue Erfolg jeder Maßnahme belegbar und nachverfolgbar. Da es sich beim Marketing um eine besonders ressourcenintensive Abteilung handelt, ist dieser Nachweis auch dringend erforderlich, schließlich zieht das Marketing Mittel von anderen Bereichen ab und es wird sehr genau darauf geachtet, dass nicht die Kosten den Nutzen überwiegen.
Mit diesen Zahlen und Erfolgen ist es letztlich auch möglich, Kulturschaffende von einer guten Marketingkampagne zu überzeugen. Über hohe Besuchszahlen sind letztlich natürlich besonders auch die Kunstschaffenden erfreut und eine ausverkaufte Premiere wird das weitere Interesse an einer Produktion anheizen.
Es gilt allerdings stets zu bedenken: Marketing und Kulturmanagement dürfen nie in die Kultur selbst eingreifen oder die künstlerische Freiheit einschränken – dadurch würde das Werk selbst letztlich eine künstlerisch wertgeminderte Auftragsarbeit.
Grundlage hierfür ist eine umfassende und wissenschaftlich fundierte kulturelle Bildung der Personen, die für das Marketing im Kulturbereich arbeiten. Dennoch benötigt das Marketing die Unterstützung der Kulturschaffenden, hier kann sich die Kunst auf einfache Weise für Interessentengruppen öffnen: Sei es durch Blicke hinter die Kulissen, Interviews, Einblicke in die alltägliche Arbeit oder Workshops. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, Kunst und Kulturschaffende durch ein gelungenes Marketing nahbarer zu machen und Kultur erlebbar zu gestalten. Dies ist ein elementarer Baustein, um neue Zuschauergruppen zu erschließen und um in Zukunft weiterhin aktiv zu bleiben. Nicht wie eine Kulturvermittlung im kleinen, sondern im ganz großen Kreis macht Marketing somit den Zugang zur Kultur für viele Interessierte möglich. Maßgeschneiderte und verbindliche Konzepte sind hier in jedem Wirkungsbereich vonnöten und bieten ein abwechslungsreiches und sehr spannendes Betätigungsfeld.
Julius Pöhnert, Tutor der Deutschen Akademie für Management