Das Anschreiben war in Deutschland schon immer ein klassischer Bestandteil bei Bewerbungen. Andere Länder – beispielsweise englischsprachige Länder – verzichten schon länger gerne auf ein Anschreiben als Bestandteil der Bewerbung. Dort wird sich mehr auf den Lebenslauf und die darin getätigten Angaben beschränkt. Sicherlich sind Lebensläufe auch aufschlussreich und geben viele wichtige Informationen über Bewerberinnen und Bewerber. Jedoch lassen sich viele Informationen auch aus dem Anschreiben entnehmen. Diese helfen auch maßgeblich bei der Auswahl ob eine Bewerberin oder ein Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen wird oder aber ob die Bewerbung bereits zu diesem frühen Zeitpunkt keine Erfolgschancen mehr hat und damit eine Absage erfolgt. Gerade wenig geradlinige Lebensläufe, die mehrere Umwege und Veränderungen erkennen lassen, können durch ein Anschreiben näher erläutert werden. Oftmals verstecken sich nicht nur Veränderungen im Leben, sondern auch gezielte Veränderungen im beruflichen Bereich – wie beispielsweise Umschulungen, Weiterbildungen und geänderte Berufswünsche dahinter. Diese erfolgen oft mit dem Ziel, sich beruflich weiterzuentwickeln. Häufig passen diese ungeradlinigen Lebensläufe nicht zu den idealtypischen von Unternehmen und dessen Management erwarteten Lebensläufen. Gerade aber in dieser Personengruppe finden sich oftmals Personen, die Unternehmen von ihrer eEinstellung, Motivation und Engagement dringend brauchen könnten. Die derzeit vielfach angeführte Diskussion darüber, ob ein Anschreiben noch für eine Bewerbung benötigt oder angefragt wird, ist daher sehr kontraproduktiv. Oftmals wird auch angeführt, dass beim Fachkräftemangel das Anschreiben eine Abschreckung für eine Bewerbung darstellt, da diese erstellt werden muss und gegebenenfalls Personen von einer Bewerbung abbringt. Auch dies ist zu kurz gedacht. Stattdessen sollten sich Unternehmen und ihr Personalmanagement eher darüber Gedanken machen, wie sie die Informationen aus Anschreiben nutzen können. Auch wenn die ganze Bandbreite möglicher Positionen und deren Stellenanforderungen hier nicht berücksichtigt werden kann, so gibt es doch allgemeine Orientierungshilfen bei der Analyse und der Bewertung eines Anschreibens.
Zunächst sollten Sie immer darauf achten, wie lange das Anschreiben ist. Ist es eher kurz und präzise oder sehr ausführlich und ausschweifend. Berücksichtigen sollten Sie auch, ob es alle wesentlichen und vor allem die geforderten Angaben aus der Stellenbeschreibung enthält. Klassischerweise gehören hierzu die Gehaltsvorstellungen, der mögliche Eintrittstermin und gegebenenfalls auch noch weitere geforderte Informationen. Von Relevanz dürfte normalerweise auch immer sein, ob die Motivation für den angeschriebenen Arbeitgeber zu arbeiten auch vorhanden und nachvollziehbar dargestellt worden ist. Hier können Sie Rückschlüsse darauf ziehen, ob sich eine Bewerberin oder ein Bewerber intensiv mit dem Unternehmen und der ausgeschriebenen Stelle auseinandergesetzt hat oder aber die Person eine Standardbewerbung geschickt hat, die auch mit Adressänderung an andere Unternehmen geschickt werden könnte. Falls im Lebenslauf nicht geradlinige Elemente vorhanden sind, sollten Sie bei der Bewerbung auch danach suchen ob diese nachvollziehbar erklärt worden und für Sie auch verständlich sind. Generell sollten Sie zu den einzelnen Punkten auch analysieren und damit auch bewerten, wie gut die dargestellten Dinge zu den Anforderungen Ihres Unternehmens passen und ob sich dabei kritische Punkte ergeben. Durch dieses Vorgehen sind Sie in der Lage zunächst zu entscheiden, ob eine Bewerberin oder ein Bewerber zu einem Vorstellunggespräch eingeladen werden sollte oder nicht. Sollte ersteres der Fall sein, dann können Sie sich ebenfalls Rückfragen aufschreiben, die es in einem (ersten) Vorstellungsgespräch abzuklären gilt.