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8. November 2018 | von Elmar Stein

Onboarding extended

In Zeiten des Fachkräftemangels, in denen der Kampf um Personal hart geführt wird und in der es Zeit, Geschick und vor allem eines guten Recruiting bedarf, muss sichergestellt werden, dass das frisch eingestellte Personal dem Unternehmen erhalten bleibt. Neben dem Problem gegebenenfalls andere Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen zu finden und einzustellen, müssen auch die Kosten des Recruitingprozesses berücksichtigt werden, die je nach Berufserfahrung und Branche leicht einen fünfstelligen Wert erreichen können. Das Onboarding neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter spielt daher eine wichtige Rolle; vor allem wenn man eine amerikanische Studie berücksichtigt, die herausgefunden hat, dass 22% aller Beendigungen von Arbeitsverhältnissen in den ersten 45 Tagen erfolgen. Sicherlich sind diese Zahlen aus den USA nicht eins zu eins auf Deutschland übertragbar; verdeutlichen aber das Problem. Zudem ist das schwierige Onboarding nicht für alle Beendigungen von Arbeitsverhältnissen verantwortlich, da es hierfür auch andere Gründe geben kann, wie beispielsweise mangelnde Fachkenntnisse oder eine Unternehmenskultur, die nicht geteilt wird. Nichtsdestotrotz spielt das Onboarding eine wichtige Rolle und sollte deshalb gründlich geplant werden.

Persönlich habe ich eine Erfahrung gemacht, die man unter dem Begriff extended onboarding beschreiben könnte. Nach meinem ersten Vorstellungsgespräch, bei dem sich schon abgezeichnet hat, dass ich eingestellt werde und bereits ein zweiter Termin vereinbart wurde, bei dem der Personalrat bzw. die Regionalleitung noch zustimmen musste, wurde ich mit dem Satz verabschiedet: „Wenn du Zeit und Lust hast und in der Nähe bist, würden wir uns freuen, wenn du [das wurde mir ebenfalls direkt angeboten] bei uns auf einen Kaffee vorbeikommst. Und das meinen wir übrigens ernst.“ Drei Tage später habe ich mich – da ich gerade in der Nähe war – von dieser Aussage überzeugt. Ich wurde freundlich empfangen, es wurde sich Zeit für mich genommen und ich wurde auch in die Küche „eingewiesen“. Nachdem ich beim zweiten Vorstellungsgespräch endgültig meinen Arbeitsvertrag unterschrieben habe, wurde ich für die nächste Woche zum jährlichen Sommerfest eingeladen, obwohl mein Arbeitsvertrag erst 5 Wochen und damit deutlich danach begann. Obwohl ich offiziell noch nicht dazugehörte, habe ich meine zukünftigen Kolleginnen und Kollegen in einer netten Atmosphäre kennengelernt und mich nach dem Sommerfest zugehörig gefühlt, obwohl ich noch bei einem anderen Arbeitgeber beschäftigt war. Auch der Rest meines Onboardingprozesses war vorbildlich organisiert, sodass ich am ersten Arbeitstag meinen Schreibtisch, Arbeitsmaterialien und meine E-Mail Adresse bekam. Zudem hatte ich stets das Gefühl Freiheit zu haben, aber mich mit jeder Frage immer an meinen Vorgesetzten wenden konnte. Dieses vorbildliche Onboarding hat mir  verdeutlicht wie wichtig Onboarding – vor allem im Vorfeld – ist, auch weil ich dies und klassische Onboardingprogramme schon deutlich anders erlebt habe.

 

Aus dieser Erfahrung konnte ich folgenden extended Onboardingprozess ableiten, der sich auf den Onboardingprozess bezieht, der vor dem ersten Arbeitstag stattfinden kann. Siehe Abbildung

Elmar Stein

Elmar Stein
Elmar Stein promoviert derzeit im Bereich systemisch-strategisches Personalmanagement. Er hat einen amerikanischen Master in Human Resource Management (mit Schwerpunkt Organisationsstrategie) und ist Gymnasiallehrer (für Englisch und Politikwissenschaften). Er ist Absolvent der DAM im Lehrgang Geprüfte/r Personalmanager/in.
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