In sich abgeschlossene Spiele, deren Regeln bekannt sind und deren Start und Ende deutlich erkennbar sind, bezeichnet man als finite games. Das Gegenstück dazu sind infinite games, die niemals ihren Endpunkt erreichen und immer weiter geführt werden.
Wenn Sie einen Recruitingprozess unter diesem Aspekt betrachten- würden Sie diesen als finite oder inifinite game kategorisieren. Die meisten unter Ihnen tendieren sicherlich zu ersterem. Doch ist dies tatsächlich so? Oder eher: sollte es so sein?
Betrachtet man die deutsche Wirtschaft, finden sich Anforderungen an Begrenzungen und Definitionen von Zeiträumen, die ein künstliches Ende schaffen, überall: Geschäftsjahre, befristete Verträge, Businesspläne… All dies mit dem Ziel, Messbarkeit zu schaffen. Was dabei jedoch zumeist vergessen wird: das Bestehen eines Unternehmens ist eher als infinite game zu sehen. Das Abdanken eines Geschäftsführers oder einer Geschäftsführerin sollte im besten Fall ja nicht dazu führen, dass das gesamte Unternehmen schließen muss. Somit sollte auch die Denkweise eine andere sein, welche unbegrenzte Zeiträume vorsieht. Ein solches Mindset findet sich heute vor allem in familiengeführten Unternehmen.
Was bedeutet dieses Gedankenspiel nun in der Übertragung auf Recruiting und Retention? Die Sichtweise, dass ein Recruitingprozess mit der Unterzeichnung des Arbeitsvertrages abgeschlossen ist, ist in Zeiten von Ghosting, nicht antretenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, hoher Fluktuation und Fachkräftemangel überholt. Dies bedeutet wiederum, dass die Unterzeichnung des Arbeitsvertrages lediglich der Schritt in die nächste Phase der Zusammenarbeit ist. Der Kontakt mit neuen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die erst in einigen Monaten antreten, ist heutzutage elementar, um zu vermeiden, dass aufgrund einer Vielzahl von anderen Angeboten doch noch bei einem anderen Arbeitgeber unterzeichnet und angetreten wird. Und auch nach Arbeitsantritt hört das Erfordernis der Betreuung nicht auf. Unternehmen und Führungskräfte müssen sich heute dauerhaft bemühen, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu halten, sie zu fördern, zu integrieren und ihnen wenn möglich neue Optionen innerhalb des Unternehmens anzubieten. Die Identifikation mit dem Unternehmen ist ein wichtiger Schlüssel, um eine gute Retention zu erzielen. Und eine solche Identifikation bedeutet harte Arbeit, die nicht mit einer Employer Branding Kampagne erledigt werden kann. Vielmehr ist eine aktive Betreuung über den gesamten Employee Lifecycle vonnöten.
Denn selbst Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die das Unternehmen verlassen, können zur Retention beitragen. Zum einen, wenn sie das Unternehmen mit einer positiven Rückschau verlassen – Stichwort Mundpropaganda. Zum anderen, um ggf. zu einem späteren Zeitpunkt wieder zurückzukehren (“Happy Boomerangs”) und dann umso schneller einen wertvollen Beitrag für das Unternehmen zu leisten.
Es zeigt sich, dass der Gedankenansatz, Recruiting und Retention in der Betrachtungsweise des infinite game zu sehen, durchaus einen wichtigen Unterschied in der Einschätzung der Bedeutung unterschiedlicher Personalmaßnahmen machen kann.
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