Nach dem Preisanstieg der letzten Jahre schätzen viele Marktteilnehmer Wohnimmobilien als sehr teuer sein. Dies gilt nicht nur für die Kaufpreise von Eigentumswohnungen und Mietshäusern in fast allen großen Städten, sondern vielerorts auch für die entsprechende Entwicklung der Mieten. Immer öfter hört man von „Preisblasen“, auch rufen einige Marktteilnehmer und Politiker schon nach regulatorischen Maßnahmen.
Wann ist aber ein Wohnimmobilienmarkt tatsächlich teuer oder billig? Und wann besteht Grund zur Sorge?
Analysten im Immobilienbereich müssen Marktentwicklungen prognostizieren und entsprechende Trends und Risiken erkennen können. Hierfür gibt es unterschiedliche Kennzahlen, die einzeln und in Kombination als Indikatoren für Marktüberhitzungen und Gegenreaktionen dienen.
Ein sehr einfacher Einsatz besteht in der Berechnung von Mittelwerten und Bandbreiten, mit denen dann die Preise eines bestimmten Teilmarktes verglichen werden. So liegen durchschnittliche Wohnungsmieten in einigen größeren Städten wie Leipzig durchaus noch bei ca. 6 €/m², während sie in München schon über 15 €/m² betragen. Ähnliches gilt für Kaufpreise, die hier im Mittel zwischen 2.000 Euro/m² und 6.500 €/m² liegen. Gewisse Chancen und Risiken für die Teilmärkte abzuleiten ist mit diesen Zahlen zwar grundsätzlich möglich, dies greift jedoch oft zu kurz.
Immobilienmärkte müssen regional und qualitativ klassifiziert und innerhalb einer Zeitreihenbetrachtung analysiert werden. Dabei stellt man fest, dass gewisse Märkte schon immer ein höheres Preisniveau hatten als andere. Eine zweite Gruppe an Kennzahlen zur Einschätzung von Preisniveaus bezieht sich daher auf Wachstumsraten im kurz-, mittel- und langfristigen Bereich. Diese sollten entsprechend berechnet und verglichen werden. Ein auffälliger kurzfristiger Anstieg von z.B. 5% oder gar 10% p.a. wie zuletzt in Berlin liegt meist erheblich über dem langfristigen Wachstum und gesamtwirtschaftlichen Indikatoren wie BIP-Wachstum und Inflation. Dies kann auf Sondereffekten beruhen, nach einigen Jahren ist ein Ende dieses Kurzfristtrends wahrscheinlich.
Durch Hinzunahme relevanter Bezugsgrößen kann die Analyse weiter verbessert werden. Kaufpreise von selbstgenutzten Wohneigentum sind demnach dann als besonders teuer einzuschätzen, wenn sie eine hohe Anzahl an Jahreseinkommen zum Erwerb erfordern. Für die teure Stadt München kann dieser Wert trotz höherer Einkommen durchaus bei 15 liegen, während der Normalfall eher im einstelligen Bereich zu sehen ist. Investoren kalkulieren dagegen die erzielbaren Renditen über die Anzahl der aufzuwendenden Jahresmieten (Kaufpreismultiplikatoren). Auch hier sind – stets im Mittel aller Qualitäten – Bandbreiten zwischen 20 und 35 denkbar.
Ein Immobilienmarkt ist somit nicht allein durch den absoluten Preis als teuer oder preiswert einzuschätzen. Erst durch Kombination unterschiedlicher Indikatoren wie absoluter Preis, Preisanstieg, Rendite und diverser Multiplikatoren sowie die Beachtung weiterer Bezugsgrößen wie Inflation, Kaufkraft, Bevölkerungsanstieg und Zinsen können Immobilienmärkte
Prof. Dr. Steffen Metzner ist Autor der Studienbriefe 6300 Wirtschaftlichkeit von Immobilieninvestitionen und 6260 Immobilienbewertung.