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18. September 2014 | von Prof. Dr. Holger Petersen

Was Management treibt: Wortschöpfungen – Die Unternehmens-DNA

So etwas gelingt Wortschöpfern nicht alle Tage. Mit der „Organizational DNA“ („Unternehmens-DNA“) landeten Neilson und Pasternack, Seniors einer renommierten Beratungsgesellschaft, 2006 einen semantischen Volltreffer. Ein weitreichendes Echo folgte. Die Unternehmens-DNA hat sich im Wortschatz des Managements fest etabliert – als Metapher für organisatorische Grundbausteine, Kernelemente der Unternehmenskultur, für Strukturen also, die unternehmerische Aktivitäten im Innersten zusammenhalten und als ursächlich für Erfolge und  Fehlentwicklungen gelten. Wer beansprucht, solche Strukturen durchschauen und offenlegen zu können, will damit mehr als ein Buch verkaufen. Das darauf fußende Beratungskonzept unterscheidet kranke von gesunden Unternehmen und verspricht wirksame Therapiemöglichkeiten.
Ein Elixier, das sich zugleich gegen Warzen und Krämpfe empfiehlt, vorgibt Gicht zu heilen und ein ewiges Leben verheißt, muss Probleme verbal bei der Wurzel packen. Metaphern wie der Unternehmens-DNA gelingt dies mit einem einzigen Ausdruck. Der Begriff ist ein Musterbeispiel für verkaufsträchtige Schlagworte. Daher lohnt sich ein Blick auf die Rezeptur.
Eine DNA steht am Anfang organischer Entwicklungen. Das macht sie grundlegend wichtig. Doch ändern lässt sie sich eigentlich nicht. Wir tragen sie unser ganzes Leben lang mit uns herum und akzeptieren die daraus gegebenen Beschränkungen. Auf Unternehmen bezogen dürfte diese Vorstellung für viele Manager schwer hinzunehmen sein. Das lässt aufhorchen. Wollen diese doch verändern, gestalten und „Change“ herbeiführen. Erfahrungsgemäß stoßen Manager dabei jedoch an Grenzen, die unverschuldet, schicksalshaft wie genetische Determinierungen daherkommen und Berater auf den Plan rufen, mit einer Gentherapie. Die gezielte Veränderung genetischer Strukturen gilt als eine der großen „Forschungsbaustellen“ des 21. Jahrhunderts, an die sich utopische Vorstellungen knüpfen. Der Begriff weckt Phantasie und den Machtinstinkt – das Gefühl am Ende alles kreativ gestalten zu können.
Eine DNA setzt sich bildlich aus „Bausteinen“  zusammen. Wissenschaftlich kann damit an der medizinischen Idee angesetzt werden, Unternehmen seien lebende Organismen, als auch an der Vorstellung vollends planbarer Architektur und präziser Chirurgie. Wachstumsprozesse, organische Entwicklungen können so vorgezeichnet und durch einen kontrollierbaren Eingriff sicher in die richtigen Bahnen geleitet werden. Die Anzahl der Bausteine einer DNA bleibt mit vier so überschaubar, dass jeder Manager das Grundgerüst zwar gedanklich nachvollziehen kann, wirksame Eingriffe jedoch das Werk erlesener Spezialisten voraussetzt. So schreit der Begriff nach professioneller Beratung und ausgeklügelten Instrumenten. Eines davon ist der Begriff selbst, der aufgrund seiner viralen Verbreitung im Sprachgebrauch des Managements zugleich an ein Krankheitsphänomen erinnert, an „virales Marketing“ also – womit wir bei der nächsten genialen Wortschöpfung aus dem Managementbereich wären …

Literatur: Neilson, G.L. & Pasternack, B.A. (2006): Erfolgsfaktor Unternehmens-DNA: Die vier Bausteine für effektive Organisationen, Frankfurt am Main

Prof. Dr. Holger Petersen ist Autor des Studienbriefes 1400 Nachhaltigkeitsmanagement der DAM

Deutsche Akademie für Management_Mitarbeitende
Prof. Dr. Holger Petersen
Prof. Dr. Holger Petersen ist seit 2017 Dozent für Nachhaltigkeitsmanagement an der Nordakademie in Elmshorn. Seit 2006 ist er für den MBA-Studiengang Sustainament am Centre for Sustainability Management (CSM) der Leuphana Universität Lüneburg u. a. als Autor von Fernstudienbriefen tätig. Bis 2016 begleitete er den Fernstudiengang Infernum an der Fernuniversität Hagen und koordinierte am CSM den Wissenstransfer mit Unternehmen im Innovationsverbund nachhaltiger Mittelstand und im Sustainability Leadership Forum (SLF).
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