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12. November 2020 | von Elmar Stein

Wie man interne Assessment Center (nicht) macht!

Mit Assessment Centern für offene Positionen in einem Unternehmen sind immer Hoffnungen und Vorstellungen von Bewerberinnen und Bewerbern verbunden. Auch wenn die bekannten Standardabsagen die fachlichen Gründe – und damit indirekt auch die Erfahrung – anführen, lösen Absagen bei Bewerberinnen und Bewerbern meist negative Gefühle aus.

Während es bei externen Bewerberinnen und Bewerbern für Unternehmen eher zweitrangig ist, können Absagen bei internen Kandidatinnen und Kandidaten unter Umständen zu negativen Auswirkungen führen, die deren Arbeitsleistung, die Zufriedenheit und die Stimmung im direkt betroffenen Team und schlimmstenfalls sogar das Betriebsklima beeinflussen. Selbstverständlich müssen Absagen auch an interne Bewerberinnen und Bewerber vermittelt werden, jedoch sollten Bewerbungen von internem Personal mit besonderer Vorsicht erfolgen. Ratsam ist eine Absage für eine interne Bewerbung bevorzugt persönlich mitzuteilen – und nicht via Mail. Zudem sollte bei Absagen immer ein Gespräch mit der betreffenden Person erfolgen. Dabei soll es nicht darum gehen, warum jemand anders für diese Position ausgewählt wurde – wodurch eine Rechtfertigung vermieden werden soll. Stattdessen sollte beim Gespräch auf mögliche Entwicklungsmöglichkeiten, angestrebte Karriereschritte und auf die Interessen der betreffenden Person eingegangen werden.

Zusätzlich zu diesem Vorgehen sollte beim Bewerbungsprozess ehrlich mit den Kandidatinnen und Kandidaten umgegangen werden und auch die Anzahl von internen Bewerberinnen und Bewerbern, die zu einem Assessment Center eingeladen werden im Vorfeld gut bedacht werden. Eine Absage nach einem Assessment Center kann Hoffnung schüren und damit die negativen Auswirkungen einer Absage noch verstärken. In eine besonders schlechte Situation hat sich ein Unternehmen gebracht, das einen internen Mitarbeiter zu einem ausführlichen Assessment Center eingeladen hat, dem hinterher in einem Vieraugengespräch mitgeteilt wurde, dass seine Bewerbung bereits im Vorfeld aussichtslos war. Selbst wenn der Mitarbeiter in diesem Moment die Contenance bewahrt, können Sie sich jedoch vorstellen, wie seine Gefühlslage und seine Gedanken aussehen. Auch wenn diese Aussage den Fehler des Unternehmens verdeutlicht, zeigt dies und die dargestellte Problematik auf, dass Unternehmen bereits im Vorfeld intensiv analysieren müssen, welche Bewerberinnen und Bewerber zu einem Assessment Center eingeladen werden (sollten). Notwendig ist dafür eine Kennzahlen-gesteuerte Analyse der Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Bewerbung – auch im Vergleich zu den anderen Bewerberinnen und Bewerbern. Unternehmen müssen damit zwei Kennzahlen ermitteln. Erstens wie gut passt die Bewerberin beziehungsweise der Bewerber auf die offene Position. Zweitens wie wahrscheinlich ist es, dass eine Bewerberin beziehungsweise ein Bewerber im Vergleich zu den anderen erfolgreich ist.

Bei der Analyse müssen die in der offenen Position erforderlichen Kompetenzen und Erfahrungen mit den vorhandenen verglichen werden. Neben einer jeweiligen Beschreibung bietet sich eine Einstufungsskala (beispielsweise von 1 bis 10) an. Mangelnde Erfahrung muss dabei kurz begründet werden. Zudem muss eingeschätzt werden, wie lange es dauern würde, bis die Person die fehlenden erforderlichen Kompetenzen und Erfahrungen durch Personalentwicklungsmaßnahmen erreichen kann. Nach individueller Gewichtung (einfach, doppelt oder mehrfach gewichtet) kann mit der Analyse der Übereinstimmung der aktuellen mit den erforderlichen Kompetenzen und Erfahrungen sowie dem Zeitraum bis die Lücke geschlossen wird, sowohl eine aktuelle prozentuale Übereinstimmung als auch ein zeitlicher Entwicklungsrahmen ermittelt werden. Diese Kombination beider Werte gibt einen ersten Einblick in die Wahrscheinlichkeit einer erfolgreichen Besetzung der Bewerberin beziehungsweise des Bewerbers. Diese sollte mit den Werten anderer Bewerberinnen beziehungsweise Bewerber verglichen werden. Auf dieser Datenbasis sollte das Unternehmen dann unter Berücksichtigung interner und externer Bewerbung berücksichtigen, welche Personen zum abschließenden Assessment Center eingeladen werden sollen – um die Einschätzungen zu überprüfen und sich selbst ein Bild machen zu können – und welchen direkt abgesagt werden sollte.

Die Darstellung einer Auswahlanalyse zur Einladung zum Assessment Center

Elmar Stein

Elmar Stein
Elmar Stein promoviert derzeit im Bereich systemisch-strategisches Personalmanagement. Er hat einen amerikanischen Master in Human Resource Management (mit Schwerpunkt Organisationsstrategie) und ist Gymnasiallehrer (für Englisch und Politikwissenschaften). Er ist Absolvent der DAM im Lehrgang Geprüfte/r Personalmanager/in.
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