Logo ManagementJournal
19. November 2019 | von Dipl.-Kffr. Daniela Behrendt

Wie selbstorganisierte Teams Entscheidungen treffen

Eine typische Aufgabe von Führungskräften ist das Treffen von Entscheidungen. Und sind wir doch mal ehrlich: Manchmal ist es doch sehr entlastend, schwierige Entscheidungen einfach dem Chef auf den Tisch zu legen. In einer Welt aber, in der Teams selbstorganisiert und eigenverantwortlich arbeiten, sind Teams auch dafür verantwortlich, Entscheidungen eigenständig zu treffen. In diesem Podcast stelle ich Ihnen acht Möglichkeiten vor, wie in selbstorganisierte Teams Entscheidungen getroffen werden können.

Am vertrautesten ist uns allen wahrscheinlich die basisdemokratische Abstimmung, im einfachsten Fall per Handzeichen. Hierbei setzt sich die Alternative mit den meisten Zustimmungen durch. Die Abstimmung eignet sich v.a. für sehr einfache Entscheidungen. Allerdings bleibt der Grad der Ablehnung bei den Nein-Stimmen unklar. Dies kann später bei der Umsetzung zu erheblichem Widerstand führen.

Eine Alternative ist der Diskurs, bei dem die vorhandenen Alternativen solange diskutiert werden, bis sich die beste Alternative durchsetzt. Dieses Verfahren ist sehr zeitaufwändig und führt leider auch häufig zu keinem Ergebnis.

Auch beim Kompromiss geht es darum, im Rahmen einer intensiven Diskussion zu einer Lösung zu kommen, die vielleicht nicht für alle ideal, aber dennoch annehmbar ist. Ein Kompromiss ist dort sinnvoll, wo es nicht um existenzielle Entscheidungen geht. Dann ist er eine Art Interessenausgleich, bei dem jeder als Gewinner hervorgeht. Bei wirklich wichtigen Fragen eignet sich der Kompromiss jedoch nicht, weil am Ende keiner vollkommen hinter der Entscheidung steht.

Ebenso wie beim Diskurs und beim Kompromiss zielt der Konsens darauf, durch eine intensive Diskussion der Alternativen zu einer Entscheidung zu kommen. Im Gegensatz zum Kompromiss muss aber beim Konsens keiner auf etwas verzichten. Stattdessen wird gemeinsam eine neue Lösung entwickelt, mit der dann alle vollends zufrieden sein können.

Alternativ zu diesen Verfahren, die nach der Alternative mit den meisten Zustimmungen suchen, können Teams auch Entscheidungen treffen, indem sie eher den Grad der Ablehnung in den Mittelpunkt stellen.

Beim Konsent z.B. wird ein Vorschlag immer dann angenommen, wenn niemand nachvollziehbare Argumente dagegen anführt.

Das systemische Konsensieren ist ein Verfahren, dass sehr nah am Konsent ist, diesen aber etwas verfeinert. Beim systemischen Konsensieren wird der Grad des Widerstands ermittelt. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie sehr jemand gegen einen Vorschlag ist. Jeder kann z.B. den eigenen Widerstand anhand von Punkten deutlich machen. Am Ende wird dann der Vorschlag ausgewählt, der in Summe den geringsten Widerstand hervorgerufen hat.

Manchmal haben Führungskräfte oder das Management die Sorge, dass Teams, die in die Eigenverantwortung losgelassen werden, falsche Entscheidungen treffen und behalten sich deshalb ein Vetorecht vor. Ein Vetorecht bedeutet, dass die Führungskraft oder das Management im Zweifel ihr Veto gegen eine Entscheidung einlegen kann. Das Vetorecht kommt v.a. bei sehr komplexen Entscheidungen zum Einsatz oder wenn Teamentscheidungen noch neu für die Teams sind.

Eine Alternative zum Vetorecht ist der konsultative Einzelentscheid. Hierbei entscheidet eine Person allein und verbindlich für das Team. Dieser Entscheider wird vom Team festgelegt. Sinnvoll ist es, denjenigen auszuwählen, der sich in dem Thema besonders gut auskennt oder ein besonderes Interesse an der Entscheidung hat. Bevor der Entscheider seine Entscheidung trifft, ist er verpflichtet, relevante Konsultationspartner innerhalb und außerhalb des Teams zu konsultieren, um deren Einwände, Fragen, Ideen und Ratschläge in seine Entscheidung einfließen zu lassen. Am Ende präsentiert der Entscheider dem Team seine Entscheidung. Diese muss vom Team akzeptiert werden.

Mitarbeiter in selbstorganisierten Teams tragen deutlich mehr Verantwortung als die meisten Mitarbeiter in klassischen Teams. Für viele geht dieses Mehr an Verantwortung und Entscheidungsspielräumen mit mehr Motivation und Selbstwertgefühl einher. Aber nicht für alle. Ein nicht unerheblicher Anteil an Mitarbeitern empfindet die neuen Arbeitsbedingungen eher als bedrohliche Krise. Warum Sie die Resilienz Ihrer Mitarbeiter steigern sollten, auf diese Krise zu reagieren, erfahren Sie im nächsten Podcast. Bleiben Sie also neugierig!

 

Daniela Behrendt, Tutorin der Deutschen Akademie für Management

 

Dieser Beitrag ist Teil der Reihe „New Work“.

mehr lesen
Dipl.-Kffr. Daniela Behrendt
Nach einer Ausbildung als Hotelkauffrau studierte Daniela Behrendt in Berlin an der Humboldt Universität und der Freien Universität Betriebswirtschaftslehre mit den Schwerpunkten Organisation und Führung sowie Personalmanagement. Umfassende Kenntnisse und Erfahrungen in der Personalberatung und –entwicklung gewann sie durch ihre langjährige Tätigkeit im Personalbereich der Daimler AG. Schwerpunkte ihrer Arbeit waren die Durchführung von Potenzialanalysen, Assessement und Development Centern, die Konzeption von Personalentwicklungsprogrammen für High Potentials und Führungskräfte sowie die Steuerung internationaler Mitarbeitereinsätze. Seit 2009 arbeitet Frau Behrendt als selbständige Beraterin für Personal-und Organisationsentwicklung für mittelständische Unternehmen. Dabei steht sie ihren Kunden als HR-Generalist für klar umrissene Aufgaben zeitlich befristet zur Verfügung. Sie unterstützt und begleitet im Tagesgeschäft, bei der Konzeption und Umsetzung moderner HR-Strategien und -instrumente sowie der Planung und Steuerung von HR-Projekten. Als Dozentin für Personalmanagement ist es ihr ein besonderes Anliegen, die Studierenden für Chancen und Herausforderungen der Personalarbeit zu begeistern, ihre Kompetenzen fachspezifisch auszubauen und sich so neue Karrieremöglichkeiten zu erschließen. Ihre Schwerpunkte liegen in den Themenfeldern Personalauswahl, Personalentwicklung und Führung.
DSGVO Cookie Consent mit Real Cookie Banner