Logo ManagementJournal
29. März 2024 | von Prof. Dr. Dr. Victor Tiberius

Zahlt sich Bescheidenheit für die Karriere aus?

Eine Studie hat untersucht, ob sich Demut bzw. Bescheidenheit positiv auf die eigene Arbeitsleistung und die Beförderungsfähigkeit auswirken. Dabei wurden die Netzwerkzentralität bei Ratschlagsuchenden sowie das Verhältnis zu den Vorgesetzten als Mediatorvariablen untersucht. In diesem Kurzbeitrag erfahren Sie, was bei dieser Studie herausgekommen ist.

Demut bzw. Bescheidenheit basieren auf der Einsicht, dass es Dinge gibt, die größer als wir selbst sind, wir Menschen uns in der Würde gleichen und alle von (z. B. mentalen und physischen) Beschränkungen betroffen sind. Bescheidene Menschen können ihre Stärken und Schwächen gut selbst einschätzen und stellen sich. Man könnte sagen: Mehr Sein als Schein.

Ist ein bescheidenes Auftreten als Mitarbeiter förderlich? Dieser Frage gingen Li et al. (2021) von verschiedenen Universitäten in Japan, China und den USA nach. Die Antwort ist ein klares Ja. Bescheidenheit nützt sowohl bei der eigenen Arbeitsleistung als auch bei der Beförderungsfähigkeit. Die Effekte sind indirekt und lassen sich über zwei Mediatorvariablen erklären.

Die erste ist die sogenannte „Employee Advice Network Centrality“. Diese gibt an, wie oft Mitarbeitende bei einem bestimmten Kollegen bzw. einer bestimmten Kollegin Rat suchen. Eine bescheidene Person mit einer zentralen Netzwerkposition wird also von vielen Kolleginnen und Kollegen um Rat gefragt. Da es sich bei sozialen Beziehungen oft um Austauschbeziehungen handelt, hat die bescheidene Person dadurch Zugriff auf mehr Ressourcen (z. B. Wissen und Unterstützung), die hilfreich sein können, um die eigene Arbeitsleistung zu steigern. Der hohe informelle Status einer solchen Person wird nicht nur von Kolleginnen und Kollegen, sondern auch von Vorgesetzten wahrgenommen, so dass die Wahrscheinlichkeit steigt, dass die Person befördert wird.

Die zweite Mediatorvariable ist der „Leader-Member Exchange“, also die Qualität der Beziehung der Person zu ihrer bzw. ihrem Vorgesetzten. Bescheidenheit fördert diese Beziehungsqualität und erhöht damit die Beförderungsfähigkeit. Ein Zusammenhang zwischen LMX und gesteigerter Leistungsfähigkeit konnte hingegen nicht statistischer nachgewiesen werden.

Das Fazit lautet also: Ein bescheidenes Auftreten lohnt sich kurzfristig (zur Steigerung der Arbeitsleistung) und langfristig (um befördert zu werden). Dabei sollte Bescheidenheit natürlich nicht dahingehend falsch verstanden werden, dass man seine Leistungen ganz und gar für sich behält. Gemeint ist, dass man nicht übermäßig prahlt und sich vor allem nicht mit fremden Lorbeeren schmückt. Kolleginnen und Kollegen und Vorgesetzte sollen natürlich von den eigenen Leistungen erfahren, aber auf eine bescheidene Art und Weise und eventuell nicht aus dem eigenen Mund.

Die Studie ist in „Human Resource Management“ erschienen, das auf der sogenannten FT-50-Liste steht und somit als eines der 50 angesehensten Management-Journals weltweit gilt.

Quelle: Li, R., Zhang, H., Zhu, X., & Li, N. (2021). Does employee humility foster performance and promotability? Exploring the mechanisms of LMX and peer network centrality in China. Human Resource Management, 60(3), 399-413. https://doi.org/10.1002/hrm.22025

Prof. Dr. Dr. Victor Tiberius
Victor Tiberius ist Geschäftsführender Co-Direktor der Deutschen Akademie für Management. Nach dem Abitur studierte er Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftspädagogik und wurde in Wirtschaftswissenschaften sowie in Pädagogik promoviert. Ein Aufbaustudium in Entrepreneurship und Innovationsmanagement schloss er mit dem MBA ab. Er absolvierte darüber hinaus Executive Education-Programme u. a. an der Columbia Business School, der London School of Economics and Political Sciences, dem INSEAD, der Saïd Business School an der University of Oxford und der Sloan School of Management am MIT. Neben seiner Tätigkeit an der DAM lehrt und forscht er als Honorarprofessor für Strategie und Entrepreneurship an der Universität Potsdam und war zudem drei Jahre lang Lehrbeauftragter an der ESCP Europe. Seine Forschungsergebnisse wurden in zahlreichen angesehenen wissenschaftlichen Journals veröffentlicht. Er ist im Ranking der World’s Top 2% Scientists der Stanford University für 2022 und 2023 sowie im AD Scientific Index 2024 unter den Top 20 der Strategieforscher in Deutschland gelistet. Tiberius war zudem zehn Jahre lang als Handelsrichter am Landgericht Berlin sowie fünf Jahre lang als ehrenamtlicher Richter am Finanzgericht Berlin-Brandenburg tätig.
Consent Management Platform von Real Cookie Banner