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5. November 2015 | von Svenja Reiner

Kurzinterview: Kulturmanager/Innen über ihren Werdegang – Isabel Parzich

Isabel Parzich (*1982), Kulturmanagerin/Künstlermanagerin, Labelinhaberin  von Stargazer Records und A&R/Labelmanagement bei Cargo Records in Wuppertal

  1. Welchen Hintergrund haben Sie? Haben Sie sich durch ein Studium oder anderweitig als Kulturmanagerin qualifiziert?

Nicht im klassischen Sinne. Ich wählte damals Medienwissenschaften als Studienfach, was aber meine derzeitige Tätigkeit nicht wirklich beeinflusst oder bereichert. Viel eher habe ich bereits zu Schulzeiten anfangen, mich in der Musikbranche umzuschauen und habe mir vieles selbst erklärt und beigebracht. Ich habe lange Zeit in einem Plattenladen als Disponentin gearbeitet, ein Praktikum in einem Tonstudio absolviert, als Veranstalterin für Konzerte und Lesungen agiert und habe mit Anfang Zwanzig begonnen, die ersten Bands beratend zu unterstützen. Zudem habe ich auch selbst in einigen Bands gespielt, weshalb mir natürlich die Bedürfnisse eines Künstlers mehr als bewusst sind. Ich arbeite außerdem als Label-/Produktmanagerin bei einem Vertrieb, kenne also im Grunde genommen viele Seiten der Branche aus nächster Nähe, was sich als durchaus positiv erwiesen hat. Ich denke, dass die Praxis weitaus wichtiger ist als die Theorie und wage zu bezweifeln, dass ich mir dieses Wissen allein durch Vorlesungen/Seminare angeeignet hätte.

  1. Welche Rolle spielt die Kunst und die Zusammenarbeit mit KünstlerInnen in Ihrem Alltag?

Natürlich eine große und allgegenwärtige. Kommunikation mit Künstlern findet täglich und meistens auch zu jeder Tageszeit statt. Die Zusammenarbeit ist sehr freundschaftlich und oft sogar fast familiär. Die Kunst als solche ist auch eine ständige Begleiterin, wenngleich es manchmal schwer fällt, sich diesbezüglich eine gewisse Unbefangenheit zu bewahren.

  1. Welche Fähigkeit zeichnet Ihrer Meinung nach einen guten Kulturmanager aus? Was ist die wichtigste Kompetenz für das Berufsbild?

Kultur, Kunst und in meinem speziellen Fall die Musik sind in erster Linie eine Gefühlsangelegenheit. Man sollte aber das Ziel der Wirtschaftlichkeit neben dem Wunsch nach Verbreitung der Kunst nicht aus den Augen verlieren. Dennoch sind meiner Meinung nach in erster Linie Empathie und damit einhergehend ein gutes Gespür für Kunst und Künstler essentiell. Das mag vielleicht pathetisch klingen, aber für mich ist ein faires, ehrliches und respektvolles Miteinander sehr wichtig – auch bei Vertragsverhandlungen. Ebenso sollte immer eine gesunde Portion Realismus mitschwingen, man muss realistische Ziele setzen und ggf. die Künstler auch wieder auf den Boden der Tatsachen zurückholen. Es ist sicherlich nicht die Aufgabe eines Musikers, den Markt – und insbesondere den deutschen Markt – zu verstehen, besonders wenn man aus beispielsweise Schweden oder den USA kommt. Ein Plattenvertrag kann dann schon mal einen Höhenflug in den Köpfen der Künstler auslösen. Ich sehe es dann als meine Aufgabe an, den Künstlern sanft, aber bestimmt, beizubringen, dass ein Plattenvertrag für sie nicht bedeutet von der Musik leben zu können, sondern, dass sie ihren Job behalten sollten.Es gibt auch Bands/Künstler, die das nicht verstehen wollen, die meine Kenntnis des Marktes ignorieren und auf horrende Gagen oder unrealistische Deals bestehen. Diese Zusammenarbeit beende ich sehr schnell, da Frustration auf beiden Seiten vorprogrammiert ist.

  1. Welches Wissen aus dem Management ist für Sie unabdingbar?

Künstler sind wie Kinder und haben einen eigenen Kopf. Auch wenn man ihnen sagt, dass manche Dinge nicht gut für sie sind, müssen sie die Erfahrung selbst machen. Man könnte sich übertriebene Sorgen machen – oder aber die im Laufe der Zeit angeeignete Gelassenheit walten lassen.

  1. Haben Sie einen guten Praxistipp?

Wie zuvor bereits erwähnt: eine gute Balance aus Ratio und Emotion.

  1. Was wissen Sie heute, was Sie gerne am Anfang Ihrer Arbeit gewusst hätten?

Dass es viel zu viele Blender gibt…

  1. Was sind die größten Herausforderungen in Ihrem Arbeitsalltag?

Ganz plump gesagt: der Faktor Mensch. Nichts ist berechenbar und allzu oft werden gut ausgeklügelte Pläne durcheinander gebracht und ein ganzes Konstrukt stürzt zusammen. Dabei gelassen zu bleiben – das ist wohl neben der Unvorhersehbarkeit die größte Herausforderung.

 

Svenja Reiner
Svenja Reiner, Magazinredakteurin, Kulturwirtin, Fotografin und Kunstmanagerin. Sie arbeitet in der Beratung von Kulturhauptstädten Europas, beim Onlinemagazin standpunktgrau, und in den Schnittstellen von Kulturpolitik, populärer Kultur, dem Internet und der Wissenschaft.
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