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3. März 2020 | von Dipl.-Kffr. Daniela Behrendt

Wie Sie mit der Retrospektive aus Erfahrungen lernen

Haben Sie Lust Ihr Team weiter in Richtung Agilität und Selbstorganisation zu führen? Dann stelle ich Ihnen dazu heute die Retrospektive als eine weitere Methode für Feedback in agilen Teams vor.

Nicht nur in agilen Teams ist es sinnvoll am Ende einer hoffentlich erfolgreichen Arbeitsphase innezuhalten und einen Blick zurück zu werfen, um als Team aus den Erfahrungen zu lernen und Verbesserungspotenziale für die Zukunft zu identifizieren. Solche Meetings kennen wir unter den Begriffen „Lessons Learnt“ , „Rückblick“ oder „Inspect and Adapt“.

In der agilen Welt findet dieser Rückblick häufig aus zwei verschiedenen Perspektiven und auch in zwei verschiedenen Meetings statt: dem Review und der Retrospektive. Das Review betrachtet die Arbeitsergebnisse und stellt dazu Fragen wie z.B. Was haben wir erreicht? Welche Anforderungen des Kunden haben wir schon erfüllt? Was haben wir noch nicht erreicht? Wie können wir das Arbeitsergebnis in der nächsten Arbeitsphase noch besser machen?

In der Retrospektive hingegen reflektiert das Team die Vorgehensweise im Projekt und sucht nach Möglichkeiten der Verbesserung. Im Mittelpunkt stehen dabei die Zusammenarbeit im Team, die Zusammenarbeit mit den Stakeholdern und die Arbeitsabläufe.

Folgende Fragen werden diskutiert:

  • Was hat gut funktioniert?
  • Was hat nicht gut funktioniert?
  • Wie können wir uns verbessern und was wollen wir dafür zukünftig anders machen?

Damit die o.g. Fragen offen und ehrlich miteinander besprochen werden können, braucht es für die Retrospektive eine geschützte Atmosphäre. Teilnehmer sind deshalb immer nur die Teammitglieder, sonst niemand, kein Kunde, kein Manager, keine Gäste. Und was in der Retrospektive besprochen wird, bleibt im Team. In der Retro geht es nie um die Suche nach Schuldigen, sondern immer nur darum, die eigene Vorgehensweise zu verbessern und sich als Team weiterzuentwickeln.

Der zeitliche Bedarf für eine Retrospektive variiert und ist abhängig von der Anzahl der Beteiligten und der Länge der letzten Arbeitsphase. Bei einem 4-wöchigen Sprint werden für die Retro häufig 3–4 Stunden angesetzt. Bei wenigen Beteiligten und einer relativ kurzen Arbeitsphase reicht manchmal auch eine Stunde. Weniger als eine Stunde reicht meist nicht, um an den Kern der Themen zu kommen.

Für Retrospektiven gibt es zahllose methodische Vorgehensweisen und eine Vielzahl von Anleitungen im Netz. Eine umfangreiche open-source Sammlung finden Sie z.B. unter www.retromat.org . Und so sehr ich es Ihnen ans Herz lege, dort nach Inspiration zu suche, so sehr empfehle ich Ihnen auch, sich v.a. am Anfang auf einige wenige Retro-Formate zu konzentrieren. „Das ist Klaus“ und „Das Speedboot“ sind z.B. zwei relativ unkomplizierte Retro-Formate zum Einstieg. Googeln Sie diese beiden einfach einmal und probieren Sie sie dann aus.

Hier noch ein paar Regeln für Ihre Retro, die Sie vielleicht auch auf einem Plakat in das Meeting mitbringen:

  • Die Retrospektive ist ein aktives Meeting, d.h. jeder bekommt das Wort und keiner sollte seine Meinung hinter Schweigen verstecken.
  • Jeder formuliert Ich-Botschaften (Ich habe … wahrgenommen, Das wirkt auf mich …, Ich wünsche mir für die Zukunft …).
  • In der Retro suchen wir keine Schuldigen, sondern Lösungen für die Zukunft.
  • Wir diskutieren nur über Verbesserungen, die wir auch selbst verändern können.

Eine regelmäßig durchgeführte Retro dient der Verbesserung der Arbeitsabläufe, der Kommunikation im Team, des Gruppenklimas und der Sicherung von Know-how. Probieren Sie es aus!

In den letzten Podcasts habe ich Ihnen viele verschiedenen agile Tools vorgestellt, die Ihnen helfen können, Ihr Team in Richtung Agilität weiterzuentwickeln. Bevor wir nun bald zum Ende der Podcast-Reihe „Agilität“ kommen, möchte ich Ihnen im nächsten Podcast noch einige Tipps zur erfolgreichen Einführung von Agilität mit auf Ihren Weg geben.

Bleiben Sie also neugierig!

 

Quellen:

Torsten Scheller (2017): Auf dem Weg zur agilen Organisation – Wie Sie Ihr Unternehmen dynamischer, flexibler und leistungsfähiger gestalten, Verlage Franz Vahlen.

Valentin Nowotny (2018): Agile Unternehmen – Nur was sich bewegt, kann sich verbessern, Business Village.

 

Daniela Behrendt, Tutorin der Deutschen Akademie für Management

 

Dieser Beitrag ist Teil der Reihe „Agilität“.

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Dipl.-Kffr. Daniela Behrendt
Nach einer Ausbildung als Hotelkauffrau studierte Daniela Behrendt in Berlin an der Humboldt Universität und der Freien Universität Betriebswirtschaftslehre mit den Schwerpunkten Organisation und Führung sowie Personalmanagement. Umfassende Kenntnisse und Erfahrungen in der Personalberatung und –entwicklung gewann sie durch ihre langjährige Tätigkeit im Personalbereich der Daimler AG. Schwerpunkte ihrer Arbeit waren die Durchführung von Potenzialanalysen, Assessement und Development Centern, die Konzeption von Personalentwicklungsprogrammen für High Potentials und Führungskräfte sowie die Steuerung internationaler Mitarbeitereinsätze. Seit 2009 arbeitet Frau Behrendt als selbständige Beraterin für Personal-und Organisationsentwicklung für mittelständische Unternehmen. Dabei steht sie ihren Kunden als HR-Generalist für klar umrissene Aufgaben zeitlich befristet zur Verfügung. Sie unterstützt und begleitet im Tagesgeschäft, bei der Konzeption und Umsetzung moderner HR-Strategien und -instrumente sowie der Planung und Steuerung von HR-Projekten. Als Dozentin für Personalmanagement ist es ihr ein besonderes Anliegen, die Studierenden für Chancen und Herausforderungen der Personalarbeit zu begeistern, ihre Kompetenzen fachspezifisch auszubauen und sich so neue Karrieremöglichkeiten zu erschließen. Ihre Schwerpunkte liegen in den Themenfeldern Personalauswahl, Personalentwicklung und Führung.
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