Die Künstliche Intelligenz hat das Potenzial, Gesellschaft und
Wirtschaft grundlegend zu verändern. Trotz allem besteht nach wie vor
eine große Unsicherheit darüber, wie und vor allem wie schnell sich
diese Technologie entwickeln wird. Sie sollten für Ihr Unternehmen
nicht auf einen Wait-and-See-Ansatz setzen. Er könnte – nicht
in den nächsten zwei bis drei Jahren – aber später zu gravierenden
Wettbewerbsnachteilen führen. Sie sollten besser schon heute auf den
Start der KI-Journey setzen, um das KI-Potenzial für Ihr
Unternehmen stufenweise zu heben.
Mit diesem Ziel vor Augen sollten Sie Ihre KI-Journey beschleunigen,
wenn Sie diese nicht schon umfassend gestartet haben. Die folgenden
Voraussetzung für eine erfolgreiche KI-Integration sind in
Ihr Unternehmen zu schaffen:
-
Aufbau eigener KI-Kompetenzen durch die Gewinnung neuer wie
auch durch die Schulung vorhandener Mitarbeiter und/oder die
Sicherung des Zugriffs auf externe KI-Ressourcen
-
Definition des Zielkorridors für den KI-Einsatz, bspw. eine
Prozessoptimierung, die Entwicklung von Produkt- und
Service-Innovationen oder die Erschließung neuer Geschäftsfelder, um
zur nachhaltigen Weiterentwicklung des Unternehmens beizutragen
-
Aufbau eines eigenen Daten-Eco-Systems durch die Schaffung
einer ausgewogenen und großen Datenbasis zum Training der
Algorithmen oder Zugriff auf bzw. Mitwirkung bei einem externen Daten-Eco-System
-
Entwicklung leistungsstarker Algorithmen für spezifische Anwendungsfälle
-
Vorbereitung eines Change-Managements, um die gesamte
Organisation und jeden einzelnen Mitarbeiter mit auf die KI-Journey
zu nehmen
Um diesen Prozess erfolgreich zu gestalten, können Sie sich am
nachfolgenden Phasen-Konzept der KI-Journey orientieren.
Phase 1: Umfassende Informationsbeschaffung
Bevor Sie eine KI-Strategie (weiter) entwickeln, ist es unerlässlich,
dass Sie und Ihre Mitarbeiter sich umfassend über den Gesamtbereich
der Künstlichen Intelligenz informieren. Gehen Sie über die Buzzwords
sowie die Medien-Euphorie bzw. den Medien-Pessimismus hinaus, der
Ihnen aller Orts entgegenschwingt. Entwickeln Sie einen Meta-Blick
durch ein sorgfältig ausgewähltes KI-Kompetenz-Team, das Ihnen
hilft, die unterschiedlichen KI-Ansätzen zu erfassen.
Die Notwendigkeit und Dringlichkeit eines KI-Einsatzes für Ihr
Unternehmen können Sie anhand einer KI-spezifischer Adaptionen
des Business-Model-Canvas ermitteln. Der Begriff „Canvas“
steht für „Leinwand“, auf dem ein solches Konzept – gut sichtbar –
entwickelt werden kann (vgl. vertiefend Kreutzer, 2018, S. 75-78). In
der Abbildung
(Abb.: Canvas zum Einsatz der Künstlichen Intelligenz, Quelle:
Kreutzer/Sirrenberg, 2019, S. 282) ist ein Canvas-Konzept zum
Einsatz der Künstlichen Intelligenz zu finden. Anhand dieses
Konzepts können Sie die Relevanz der Künstlichen Intelligenz für Ihr
Unternehmen ermitteln. Der Vorteil dieses Canvas-Ansatzes besteht
darin, dass Sie diesen in unternehmensinternen Workshops gut einsetzen
können, um gemeinsam an KI-Themen zu arbeiten.
Phase 2: Systematische Vorbereitung des KI-Einsatzes
Eine wichtige Grundlage für den erfolgreichen KI-Einsatz stellt der
Aufbau eines eigenen Daten-Eco-Systems dar. Orientiert an den
in Phase 1 definierten Business-Cases starten Sie hier mit der
Beschreibung der Daten, die für die ausgewählten Anwendungsfälle
relevant sind. Anschließend prüfen Sie, welche dieser Daten bereits im
Unternehmen vorliegen und auf welche davon Ihr Unternehmen ggf. sogar einen
exklusiven Zugriff hat. Durch einen Abgleich zwischen Daten-Soll und
Daten-Haben werden Sie mehr oder weniger große Daten-Gaps
ermitteln. Jetzt beginnt die spannende Aufgabe, weitere wichtige
Datenquellen zu erschließen. Hierbei sollten Sie die Kriterien
berücksichtigen, die bei der Datenauswahl zu berücksichtigen sind.
Phase 3: Entwicklung von KI-Anwendungen
Sie sollten sich darüber bewusst sein, dass der Einsatz von
Künstlicher Intelligenz meist keinen kurzfristigen Erfolg
verspricht. Sowohl die Nutzenstiftung für die Kunden wie auch ein
ROI wird sich bei KI-Anwendungen erst später einstellen. Deshalb
müssen Sie in Ihrem Unternehmen eine ständige Test- und
Prototypen-Mentalität schaffen, die genügend Raum zum Scheitern
lässt. Dafür benötigen Ihre Manager „Skill-to-kill”, um Projekte –
ohne eigenen Reputationsschaden – zu beenden, wenn sich die in sie
gesetzten Erwartungen nicht erfüllen. Das klingt zunächst
frustrierend, ist aber auf lange Sicht erfolgsentscheidend.
Gleichzeitig dürfen Sie bei den ROI-Erwartungen von KI-Projekten nicht
zu ungeduldig sein; sonst werden Sie manche Projekte beenden, noch
bevor sich diese bewähren konnten.
Phase 4: Integration von KI-Anwendungen und KI-Ergebnissen in das Unternehmen
Die Integration von KI-Anwendungen sowie von den durch
Künstliche Intelligenz
erzielten Ergebnissen stellt jede Organisation vor mehr oder
weniger umfassende Herausforderungen. Zum einen kann es zu einem
Prozess-Redesign kommen. Basierend auf neuen Erkenntnissen bzw.
durch neue Möglichkeiten der Prozessgestaltung können Abläufe und
Verfahren im Unternehmen in Frage gestellt werden. Vorhandene Prozesse
können komplett automatisiert werden (etwa bei Verwaltungs-,
Produktions- und/oder Logistikaufgaben). Hier steht die
Maschine-zu-Maschine-Schnittstelle im Mittelpunkt. In anderen
Fällen kann eine Anreicherung menschlicher Tätigkeiten durch
KI-Ergebnisse erfolgen. Hier können den Mitarbeitern im
Customer-Service-Center oder im Wartungsbereich relevante Information
in Echtzeit zur Verfügung gestellt werden. Damit handelt es sich um
die Ausgestaltung der Mensch-Maschine-Schnittstelle – bspw.
zwischen digitalen Assistenten oder Expertensystemen und den
Mitarbeitern im Unternehmen.
Die zielorientierte Einführung der Künstlichen Intelligenz im Rahmen
einer solchen KI-Journey stellt für alle bestehenden Unternehmen einen
großen Kraftakt dar – aber ohne diesen, wird es nicht gelingen (vgl.
vertiefend Kreutzer/Sirrenberg, 2019, S. 278-313).
Ralf T. Kreutzer ist Autor
mehrerer Studienbriefe an der DAM
Literaturverzeichnis
Kreutzer, R. (2018): Toolbox für Marketing und Management, Wiesbaden, 2018
Kreutzer, R./Sirrenberg, M. (2019): Künstliche Intelligenz,
Grundlagen – Use-Cases – KI-Journey, Wiesbaden