Es ist eine beliebte Vorgehensweise von Führungskräften, dass sie
morgens aufgeregt in Ihrem Büro erscheinen und Sie um einen sofortigen
Termin bitten, weil sie ein unaufschiebbares Anliegen haben. Als
pflichtbewusster Dienstleister lassen Sie alles stehen und liegen und
schließen die Tür zu Ihrem Büro. Aufgeregt berichtet der Vorgesetzte
von dem eskalierten Konflikt mit einem Mitarbeiter. Am Ende der
Ausführungen wird Ihnen dann der „schwierige Mitarbeiter“ symbolisch
auf den Tisch gesetzt mit den Worten: “Machen Sie mit ihm was Sie
wollen, ich will ihn in meiner Abteilung nicht mehr haben!“ Auf den
dezenten Hinweis, dass dies nicht so einfach ginge, erhält man dann
schnell die Antwort: „Das ist mir egal, entweder nehmen Sie ihn in auf
Ihre Kostenstelle oder Sie gründen eine extra Kostenstelle für ihn!“
Hinterfragt man diesen Konflikt stellt man häufig fest, dass es schon
seit Monaten Schwierigkeiten gibt und es nur gerade an besagtem Morgen
eskalierte. Der Vollständigkeit halber erwähne ich an dieser Stelle,
dass es natürlich keine Dokumentationen über die vergangenen Konflikte gab!
Für Sie als Personalmanager ist diese Situation natürlich
herausfordernd: Zum einen haben Sie arbeitsrechtlich keine
Möglichkeiten, entsprechend zu reagieren, wenn keine Aufzeichnungen
vorliegen. Zum anderen kann man aus moralischen Gründen natürlich
nicht den Forderungen der Führungskraft nachgeben, da es sich bei
einem Konflikt immer um zwei Seiten der Medaille handelt und Sie die
Version des Mitarbeiters noch nicht kennen.
Natürlich werden Sie jetzt Gespräche mit dem Betroffenen führen,
vielleicht auch mit Kollegen und dem Betriebsrat, um ein vollständiges
Bild zu bekommen. Häufig gelingt es durch ein gutes Konfliktmanagement
eine tragbare Lösung innerhalb der Abteilung zu finden. Manchmal ist
das Verhältnis zwischen Vorgesetzten und Mitarbeiter so zerstört, dass
es auch für den Betroffenen kaum noch zumutbar ist, in dieser
Abteilung zu verbleiben.
In solchen Situationen hat sich das Instrument der Abordnung gut
bewährt. Hierbei handelt sich um eine Vorstufe der Versetzung. Bei
einer Abordnung wird ein Mitarbeiter für einen bestimmten Zeitraum an
eine andere Abteilung ausgeliehen, ohne dass die Kostenstellen formal
geändert werden. D.h. der Abgeordnete verbleibt auf der alten
Kostenstelle und wird dort geführt. Die Kosten werden mit der
aufnehmenden Abteilung intern verrechnet. Das Festhalten an der alten
Kostenstelle ist aus psychologischen Gründen wichtig, da der
Mitarbeiter jederzeit wieder zurückkommen kann, wenn er in der neuen
Abteilung nicht zurechtkommen sollte. Eine Abordnung stellt somit eine
diplomatische Lösung dar, in der keiner der Beteiligten verlieren kann:
- Der Mitarbeiter kann unverbindlich eine neue Aufgabe und Abteilung
testen, mit dem Wissen, dass er jederzeit zurückgehen kann.
- Der alte Vorgesetzte sieht, dass es eine Lösung für sein Anliegen
geben kann.
- Der neue Vorgesetzte geht kein Risiko der Festversetzung ein und
kann den neuen Mitarbeiter unverbindlich testen.
In den meisten Fällen werden Sie feststellen, dass am Ende die
Abordnung erfolgreich sein wird und alle Beteiligten zufrieden sind.
Auch der schwierige Mitarbeiter entpuppt sich häufig sogar als äußerst
wertvoll und produktiv!