Heute schaue ich mit Ihnen auf ein spannendes Thema: Tourismus.
Kultur und Tourismus miteinander zu verbinden, das scheint einigen
wie ein Traumjob: Beide Themenfelder verbinden wir schließlich mit
Freizeit, Erholung, Zerstreuung und vielleicht auch mit Bildung oder
geistiger Anregung. Im Urlaub und auch in der Kultur können wir Kraft
tanken, eine neue Perspektive auf den Alltag gewinnen. Und: Wie schön
muss es sein, da zu arbeiten, wo andere Urlaub machen?
Andere sehen in der Verbindung von Kultur und Tourismus wiederum ein
zu vermeidendes Übel. Kultur wird als wertvoll und anspruchsvoll, oft
als reine Hochkultur betrachtet und weckt positive Assoziationen. Der
Begriff Tourismus weckt beim einen Sehnsüchte nach fernen Ländern,
Traumstränden und exotischen Kulturen, jemand anderes denkt dabei aber
vielleicht an Massentourismus, Umweltverschmutzung und die Zerstörung
von Innenstädten.
Kulturelle Stätten oder Veranstaltungen einer großen Anzahl von
Touristen zu zeigen, stößt deshalb nicht bei jedem auf Gegenliebe.
Bilder des überlaufenen Venedigs oder Protestaktionen gegen Touristen
auf Mallorca zeigten in den letzten Jahren die Schattenseiten der Tourismusindustrie.
Um einen Überblick über die Möglichkeiten des Kulturmanagements im
Tourismus zu geben, unterteile ich die Arbeitsfelder des
Kulturtourismus in zwei frei gewählte, aber einfache Kategorien:
Tourismus „zu Hause“ und Tourismus „weltweit“. Also: Einmal vor Ort:
in der eigenen Stadt, der eigenen Gemeinde, touristisch arbeiten und
zusammen mit den Kulturanbietern vor Ort eine touristische
Infrastruktur anbieten und aufbauen. Und einmal weltweit: Das kann
bedeuten, Kultur zu exportieren, Kulturprogramme in klassische
Tourismusprodukte zu integrieren oder Reisen mit kulturellem
Schwerpunkt zu erstellen.
Bleiben wir zunächst einmal in der eigenen Stadt. Hier bietet
Tourismus die Option, vor Ort vorhandene Kulturangebote besser
auszulasten und gleichermaßen als Reiseziel attraktiver zu erscheinen.
Bei einem Städtebesuch fallen sogleich architektonische Meisterwerke,
Theaterbesuche oder Ausstellungen ein.
Inzwischen kann man sogar schon zwischen kulturellen Strukturen für
Einheimische und kulturellen Strukturen für Besuchende unterscheiden.
Mehr als 11 Millionen Zuschauende haben inzwischen den „König der
Löwen“ in Hamburg gesehen, eine Stadt, die nicht mehr als zwei
Millionen Einwohner hat. In Berlin wird es wohl nur wenige Berliner in
ein DDR-Museum mit 6 Millionen Besuchern verschlagen – hier ist die
touristische Nutzung der Angebote eine Haupteinnahmequelle.
Es werden touristische Anlässe geschaffen und Reisende als wichtige
„neue“ Besuchendengruppe von Kulturangeboten gewonnen. Diese Angebote
sind natürlich ein wichtiger Standortfaktor für große Städte und
wirken oft saisonverlängernd. Bemerkenswert ist hier auch die
Internationalität von Angeboten. Große Museen bieten inzwischen Guides
in zahlreichen Sprachen an und Shows wie die der Blue Man Group kommen
fast ohne Sprache aus und sind international universell verständlich.
Es gibt eine Vielzahl vorhandener Angebote, deren Markt durch
Tourismus zusätzlich erweitert werden kann. Hier bedient man sich
klassischer Marketingtools, wie beispielsweise Kultur-Erlebniskarten
oder Citypässen, die Besuchenden die Möglichkeit der kombinierten und
vergünstigten Nutzung bieten. Diese Angebote digital zu vernetzen und
zu koordinieren ist eine sehr schöne Aufgabe für Kulturmanagende vor Ort.
Eine andere Option ist es natürlich, Kulturmanagement nicht lokal zu
gestalten, sondern weltweit touristische Angebote zu erschließen.
Städtereisen, Sprachreisen, Bildungsreisen und Studienreisen kommen
hier als erstes in den Sinn. In vielen Ländern kann eine Reiseplanung
bereits auf eine gute Infrastruktur vor Ort zurückgreifen. So wird es
in Ägypten kein Problem sein, eine deutschsprachige und
kulturhistorisch gebildete Reiseleitung zu finden, in Südostasien
hingegen werden Sie vielleicht selbst fachkundiges Personal mit auf
die Reise schicken.
Fremde Länder zu entdecken und etwas über Kulturen oder Sprachen zu
lernen ist eine Seite des Kulturtourismus, in der der kulturelle
Aspekt ganz klar in den Vordergrund rückt. Dies können Sie an der
Alters- und Einkommensstruktur der Teilnehmenden auch sehr gut ablesen.
Zahlreiche Touristen betrachten Kultur hingegen als schmückendes
Beiwerk. Es ist schön, Kultur nebenbei bequem „geliefert“ zu bekommen.
Das reicht vom Folklore-Abend in der eigenen Hotelanlage bis hin zu
professionellen Musicalshows in voller Länge auf den amerikanischen
Kreuzfahrtschiffen, die den Produktionen an Land in nichts nachstehen.
In diesem Bereich ist die Arbeit des Kulturmanagements dann auch
wieder so gestaltet, wie die Arbeit in einem „normalen“ operativen
Kulturbetrieb. Und so schließt sich der Kreis: von der Kultur hin zum
Tourismus, wieder zu neuen Kulturangeboten zurück.
Julius
Pöhnert, Tutor der Deutschen Akademie für Management
Hier finden Sie alle Podcasts der Reihe
Werdegänge im Kulturmanagement.